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Zama Zamas: Monatelang unter Tage

Von Fawzia Moodley* | 26. Januar 2023

Johannesburg (IPS/afr). In Südafrika boomt der illegale Bergbau. Reiche Auftraggeber rekrutieren arme Arbeiter, die in stillgelegten südafrikanischen Minen nach Bodenschätzen schürfen. Die Arbeitsbedingungen sind katastrophal, Rivalität schürt Fremdenhass und Gewalt.

Die illegalen Minenarbeiter, die überwiegend aus Lesotho, Mosambik und Simbabwe stammen, werden auf isiZulu „Zama Zamas“ genannt. Frei übersetzt werden darunter Menschen verstanden, “die immer wieder ihr Glück versuchen”.

Paps Lethoko ist Vorsitzender der “National Association of Artisanal Miners” (NAAM) – einer  Interessensvertretung für Kumpel im Kleinbergbau. Er berichtet, dass die Zama Zamas oft Monate in den unterirdischen Schächten verbringen. 

Die Tätigkeit ist enorm gefährlich: Erst zu Jahresbeginn sind acht Bergleute in einer Mine in Driekop, Limpopo, erstickt. Heftige Regenfälle hatten Erde in den Ausgang gespült und die Zama Zamas eingeschlossen. Im November 2022 verloren 21 Minenarbeiter bei einem Schachteinsturz in Krugersdorp ihr Leben.

Gutes Geschäft für kriminelle Syndikate

Die Auftraggeber der Zama Zamas sind in kriminellen Syndikaten organisiert und verdienen sich mit den illegalen Bergleuten eine goldene Nase. So betreiben sie z. B. unterirdische Imbissbuden, in denen Wucherpreise für Lebensmittel verlangt werden.

„Die Imbisse verkaufen Brot für 200 Rand (Normalpreis 20 Rand) und Fischkonserven für 300 Rand (Normalpreis 25 Rand)”, schildert Lethoko. “Nach monatelangem Ausharren in den klaustrophobischen und gefährlichen Katakomben erhalten die Bergleute am Ende etwa 30.000 Rand (ca. 1.800 US-Dollar). Sie müssen davon aber die enormen Preise für Nahrungsmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs bezahlen.”

Laut Lethoko werden die meisten stillgelegten Schächte in Klerksdorp, einer Bergbaustadt in der Nordwestprovinz, von einem wohlhabenden Politiker aus Lesotho betrieben. Wer dort arbeiten will, muss investieren. „Die Arbeiter werden gezwungen, den Sicherheitskräften bis zu 20.000 Rand (ca. 1.700 US-Dollar) zu bezahlen, um die Minen betreten zu dürfen. Sie werden schlechter behandelt als Sklaven – genauso wie von Bergbauunternehmen während der Apartheid.“

Unter Verdacht

In Südafrika werden die Zama Zamas häufig mit Gewaltexzessen in Verbindung gebracht. Am 28. Juli 2022 wurden bei Krugersdorp acht Frauen, die auf einem ehemaligen Minengelände ein Musikvideo drehen wollten, vergewaltigt und beraubt.

Bei einer nachfolgenden Razzia der Polizei wurden zwei Zama Zamas erschossen, 84 Verdächtige wurden festgenommen. Später wurden 14 der illegalen Bergleute wegen Vergewaltigung und schweren Diebstahls angeklagt. Die Anklage wurde später fallen gelassen, nachdem die DNA-Abgleiche keine Übereinstimmungen ergeben hatten.

Kleinbergleute fürchten um ihren Ruf

Einheimische Minenarbeiter, die sich mit traditionellem Kleinbergbau über Wasser halten, befürchten angesichts solcher Vorfälle Nachteile für ihre Berufsausübung. “Wir haben versucht, Genossenschaften zu gründen und Genehmigungen für einen legalen Betrieb zu erhalten”, schildert Lethoko, “aber die Bergbauunternehmen, die Medien und sogar die Polizei werfen uns mit kriminellen Zama Zamas in einen Topf.”

Im Jahr 2017 hatte zwar das “Department of Mineral Resources and Energy” (DMRE) den Kleinbergbau zum Zweck des Lebensunterhalts für südafrikanische Staatsbürger*innen rechtlich anerkannt. Allerdings ist die Lizenzvergabe teuer und kompliziert. Bisher ist es nur einer Genossenschaft in Kimberley in der Provinz Nordkap gelungen, das Verfahren positiv abzuschließen.

“Die Kumpel leben von der Hand in den Mund”, beklagt Lethoko, “die meisten von uns haben weder die erforderlichen Dokumente noch das Geld für den Genehmigungsprozess. Außerdem scheinen die lokalen DMRE-Beamten nicht zu wissen, dass Genossenschaften im Kleinbergbau rechtlich anerkannt werden können.”

Konzerne verweigern den Zutritt

Häufig scheitern die Minenarbeiter auch an den Eigeninteressen der Bergbaukonzerne. In der Nordwestprovinz versuchte die NAAM, mit dem Minen-Giganten “Harmony Gold” zu verhandeln. “Der Sicherheitsdienst hat die einheimischen Bergleute aber daran gehindert, in den bereits aufgelassenen Minen zu arbeiten”, erzählt Lethoko, “das Unternehmen erwirkte sogar eine einstweilige Verfügung wegen unbefugten Betretens gegen mich und die Arbeiter.”

„Die Tragödie ist, dass die Konzerne in die stillgelegten Minen zurückkehren wollen”, bestätigt Toto Nzamo, Mitglied der “Tujaliano Community Organisation” in Germiston bei Johannesburg. “Sie verfügen jetzt über die Technologie, um den Abbau von Rohstoffen wieder profitabel zu gestalten. Und das unfähige DMRE hindert anständige Menschen daran, ihren Lebensunterhalt rechtmäßig zu verdienen.”

Fremdenhass und Bandenkriege

Die Zama Zamas sehen sich indes mit einer zunehmenden Fremdenfeindlichkeit konfrontiert. Nach dem Verbrechen in Krugersdorp machte in der Township Kagiso ein wütender Mob Jagd auf die Minenarbeiter.

Auch die wachsende Rivalität zwischen verschiedenen Gruppierungen von Zama Zamas endet zunehmend blutig: Im September 2022 wurden sechs illegale Bergleute bei Maraisburg westlich von Johannesburg erschossen. Die Polizei geht von einem Bandenkrieg zwischen Zama Zamas aus.

Um der Gewalt ein Ende zu bereiten, sieht Toto Nzamo die Politik in der Pflicht. Er fordert eine Zusammenarbeit zwischen Innenministerium und dem DMRE, damit qualifizierte Zama Zamas einen Aufenthaltsstatus erhalten. (Ende)

*mit Ergänzungen von Martin Sturmer

Titelbild: Aufgelassene Schächte der Goldmine von Stilfontein ziehen viele Zama Zamas an. (Foto: beigestellt/IPS)