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Ägypten sucht nach neuen Weizenlieferanten

Von Hisham Allam | 9. März 2022

Kairo (IPS/afr). Russland und die Ukraine sind die Kornkammer Ägyptens. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine versucht der nordafrikanische Staat, rasch neue Weizenlieferanten zu finden. Ein Anstieg der subventionierten Brotpreise wird befürchtet.

Russland und die Ukraine sind Schlüsselakteure auf dem globalen Getreidemarkt. Laut Angaben des deutschen Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährungen zeichneten die beiden Länder zuletzt für 29 Prozent der globalen Weizenexporte verantwortlich. Auf der anderen Seite ist Ägypten der größte Importeur für Weizen weltweit. 

Allein im Jahr 2021 importierte Ägypten 6,1 Millionen Tonnen Brotweizen: Davon stammten 4,2 Millionen Tonnen – also mehr als zwei Drittel – aus Russland und 651.400 Tonnen aus der Ukraine. (Quelle: World Grain)

Brotpreis ist politisch brisant

Under the existing program, more than 60 million Egyptians, or nearly two thirds of the population, get 5 loaves of round bread daily for 50 cents a month, little changed since countrywide „bread riots“ prevented a price hike in the 1970s.

Mohamed Elhady ist Inhaber einer Bäckerei im Gouvernement al-Minufiyya. Seit 20 Jahren betreibt er sein Geschäft, das sich 80 Kilometer nördlich von Kairo befindet. Elhady ist aufgrund der aktuellen Entwicklung zutiefst besorgt: „Das staatlich subventionierte Brot verringert die Gewinnspanne der Bäckereien, da wir verpflichtet sind, einen Laib Brot zum staatlich festgelegten Preis zu verkaufen“, erzählt Elhady im Gespräch mit IPS.

Die Wurzeln der Subventionierung für Nahrungsmittel in Ägypten lassen sich bis ins Jahr 1941 zurückverfolgen. Derzeit sind rund 63 Millionen Ägypter*innen bezugsberechtigt: Sie erhalten fünf Brotlaibe pro Tag zum Preis von 20 Piaster, das entspricht rund 1,2 Cent. 

Der Brotpreis ist in Ägypten ein politisch brisantes Thema. Im August 2021 kündigte Präsident Abdel Fattah al-Sisi, die Brotpreise erhöhen zu wollen. Eine Steigerung des Brotpreises hat politische Sprengkraft:  1977 musste der damalige Präsident Anwar as-Sadat die Erhöhung des Brotpreises wieder rückgängig machen, nachdem es zu “Brotaufständen” gekommen war.

Preiserhöhungen könnten im April kommen

Elhady glaubt aber, dass die Regierung die Ankündigung des Präsidenten bald in die Tat umsetzen wird. Er rechnet damit, dass die Erhöhung des Brotpreises bis April passieren wird. In diesem Monat wird mit Weizenlieferungen aus neuen Bezugsquellen gerechnet. 

Laut Elhady wird eine Preiserhöhung die tägliche Produktionsmenge und damit seine Gewinne verringern. „Sobald die Weizenpreise steigen, wird die Regierung die Zahl der subventionierten Brote von fünf auf drei pro Tag reduzieren oder den Preis für einen Brotlaib erhöhen”, befürchtet Elhady.

Außerdem fürchten viele, dass Bürger*innen aus dem Subventionsprogramm ausgeschlossen werden. „Die Menschen werden wählen müssen – weniger essen oder mehr zahlen“, sagt Elhady.

Zeit für Neulieferungen drängt

Woher der Weizen kommen wird, ist derzeit noch nicht klar. Ägyptens wichtigste staatliche Beschaffungsagentur, die General Authority for Supply Commodities (GASC), hat eine zweite Ausschreibung für Weizenlieferungen für den Zeitraum von 13. bis 26. April 2022 veröffentlicht. Eine erste Ausschreibung musste annulliert werden, da nur ein Angebot für Weizen aus Frankreich eingetroffen war. Nach den Vergabekriterien sind aber zumindest zwei Angebote erforderlich, damit ein Zuschlag erteilt werden kann. 

Die GASC hat Ende Februar als Frist für die Einreichung von Angeboten für die neue Ausschreibung festgelegt . Neben Russland und der Ukraine holte die Beschaffungsagentur Angebote aus den USA, Kanada, Frankreich, Bulgarien, Australien, Polen, Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Rumänien, Serbien, Ungarn, Paraguay und Kasachstan ein.

Nach Angaben von Salah Hamza, Berater des Ministry of Supply and Internal Trade, werden in Ägypten pro Tag 275 Millionen Brotlaibe pro Tag produziert. Der Weizenbedarf pro Monat beträgt 900.000 Tonnen. “Der strategische Vorrat reicht für die nächsten fünf Monate”, so Hamza, “zusätzlich rechnen wir noch mit vier Millionen Tonnen, die aus der heimischen Ernte bis Mitte April erwartet werden.“

Trotz des Krieges habe ein ägyptisches Schiff mit einer Ladung von 60 Tonnen Weizen die Ukraine verlassen und sei auf dem Weg nach Ägypten, so Hamza. „Diese Lieferung wurde bereits nach einer internationalen Ausschreibung im Dezember 2021 in der Ukraine für 361 US-Dollar pro Tonne bestellt”, sagt Hamza. Die Schiffsfracht sei Teil einer 300.000-Tonnen-Lieferung, die bis März 2022 eintreffen werde.

Der Preis für Weizen wird unterdessen immer höher: Im Februar dieses Jahres ist der Preis für einen Ardeb Weizen (150 Kilogramm) im Vergleich zum Februar 2021 um 65 Prozent angestiegen. (Ende)

Titelbild: Der Krieg in der Ukraine beeinträchtigt die Weizenlieferungen nach Ägypten. Der Preis für das subventionierte Brot könnte bald steigen. (Foto: Abdelfatah Farag/IPS)