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Ubuntu: Mandelas größtes Geschenk

Themenschwerpunkt zum 10. Todestag von Nelson Mandela

Von Martin Sturmer | 9. November 2023

Oberndorf bei Salzburg. Vor zehn Jahren – am 5. Dezember 2013 – ist Nelson Mandela im Alter von 95 Jahren verstorben. Anlässlich der Trauerfeier am 10. Dezember 2013 im FNB Stadium von Johannesburg erinnerte der damalige US-Präsident Barack Obama an das Vermächtnis des Freiheitskämpfers und südafrikanischen Präsidenten:

„Es gibt ein Wort in Südafrika: Ubuntu. Ein Wort, das Mandelas größtes Geschenk beschreibt: Seine Erkenntnis, dass wir alle auf eine Weise verbunden sind, die für das Auge unsichtbar ist; dass es eine Einheit der Menschheit gibt; dass wir unser Selbst dadurch erreichen, indem wir uns mit anderen teilen und uns um unsere Mitmenschen kümmern.“

Barack Obama

Mandelas Führungsstil war tief in Ubuntu verwurzelt. Das Leitprinzip der südafrikanischen Philosophie lautet: „Ich bin, weil wir sind.“ Soziale Harmonie gilt als ihr höchstes Gut.

Die Wurzeln von Ubuntu können zu frühen Gesellschaften im südlichen Kamerun bis 3.000 v. Chr. zurückverfolgt werden. In Folge von Migrationsbewegungen gelangte die Philosophie ca. 1.000 n. Chr. nach Südafrika.

Eine enorme Popularität erfuhr die Philosophie durch die Wahrheits- und Versöhnungskommission in Südafrika (1996-1998). Unter dem Vorsitz von Desmond Tutu war Ubuntu zentraler Bestandteil des nationalen Aussöhnungsprozesses. In der südafrikanischen Übergangsverfassung, die 1994 in Kraft trat, war Ubuntu durch einen Zusatz verankert.

Online Talk „Ubuntu: Die Macht der Vergebung“

Anlässlich des 10. Todestages von Nelson Mandela rücken das Afro-Asiatische Institut in Salzburg, das Friedensbüro Salzburg und afrika.info das Wirken des Freiheitskämpfers, Friedensnobelpreisträgers und Präsidenten Südafrikas sowie die Ubuntu-Philosophie in den Mittelpunkt eines Veranstaltungsschwerpunkts.

Den Auftakt macht der Online Talk „Ubuntu: Die Macht der Vergebung“ mit Kevin Chaplin, Geschäftsführer der Amy Foundation und der SA Ubuntu Foundation, am 16. November 2023 um 18:00 Uhr. Die Amy Foundation ist aus einem Akt der Vergebung entstanden: Sie wurde von Linda und Peter Biehl nach der Ermordung ihrer Tochter Amy 1993 im Township Gugulethu in Kapstadt ins Leben gerufen. Zwei von Amys Mördern wurden später von der Foundation beschäftigt.

„Es gibt nichts, was nicht vergeben werden kann“, war Erzbischof Desmond Tutu überzeugt. Kevin Chaplin war mit Tutu gut bekannt und hat auch Nelson Mandela mehrmals getroffen. Im Online Talk wird Chaplin über die Bereitschaft zur Vergebung als Kernwert der Ubuntu-Philosophie sprechen.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Welttags der Philosophie statt, weitere Mitveranstalter sind das Zentrum Theologie Interkulturell und Studium der Religionen und die Lange Nacht der Philosophie.

Online Talk "Ubuntu: Die Macht der Vergebung"
Mit Kevin Chaplin (Amy Foundation, SA Ubuntu Foundation)
16. November 2023, 18:00 Uhr
https://us06web.zoom.us/j/9446574324
Meeting ID: 944 657 4324

Webinar „Ubuntu: Mandela für Führungskräfte“

Am 5. Dezember 2023 findet von 10:00 bis 12:00 Uhr das Webinar „Ubuntu: Mandela für Führungskräfte“ mit Daniela Molzbichler und Martin Sturmer statt. Bei Ubuntu Leadership stehen die Schaffung einer gemeinsamen Identität und die Förderung des Wir-Gefühls im Unternehmen im Fokus. Zahlreiche Studien belegen, dass diese Art des Führens Faktoren wie Arbeitszufriedenheit, Engagement, Kreativität, Produktivität und Wohlbefinden steigert.

Austausch über Ubuntu Leadership in Kapstadt: Prof. John Volmink (Präsident Ubuntu Global Network), Daniela Molzbichler, Martin Sturmer (Bild: afrika.info)

Die Konfliktforscherin Daniela Molzbichler von der FH Salzburg und der Afrikanist Martin Sturmer, Gründer der Unternehmensberatung afrika.info, haben 2022 das Buch „Ubuntu – Mandela für Führungskräfte“ bei Springer Gabler veröffentlicht. In ihrem zweistündigen Webinar werden sie die wichtigsten Prinzipien von Ubuntu, Mandelas einzigartigem Führungsstil und Wege zur Konfliktlösung aufzeigen.

Webinar "Ubuntu: Mandela für Führungskräfte"
Mit Daniela Molzbichler und Martin Sturmer
5. Dezember 2023, 10:00 - 12:00 Uhr
49 Euro (exkl. 20% USt.)
Anmeldung

Madiba: Filmabend im BORG Oberndorf

Am 5. Dezember 2023 um 18:00 Uhr wird im BORG Oberndorf der Film „Madiba: Das Vermächtnis des Nelson Mandela“ gezeigt. Wie für viele andere Südafrikaner*innen war Nelson Mandela auch für den Regisseur Khalo Matabane ein Jugendheld. Als Mandela nach 27 Jahren im Gefängnis zum Staatsmann aufstieg, erschien er Matabane aber allzu zerbrechlich und gütig.

Wo war seine Wut? Ist Nelson Mandela mit seiner Politik der Vergebung und Versöhnung zu weit gegangen? Hat er Entscheidungen getroffen, die heute zu noch mehr Ungleichheit und Armut geführt haben? Oder konnte er gar nicht anders handeln?

Mit diesen Fragen im Kopf reiste Regisseur Khalo Matabane kurz vor Mandelas Tod um die Welt und interviewte internationale wichtige Persönlichkeiten wie den Dalai Lama, Joachim Gauck, Henry Kissinger, Colin Powell, Peter Hain, Albie Sachs oder Ariel Dorfman.

Mit seinem Dokumentarfilm zeichnet Matabane ein differenziertes Porträt von Mandela, das neue Debatten eröffnet.

Die Filmvorführung bildet auch den Auftakt zur Ubuntu Leaders Academy, die im März 2024 in Oberndorf bei Salzburg stattfinden wird. Die kostenfreie Ausbildung wird vom Land Salzburg gefördert.

Filmabend "Madiba: Das Vermächtnis des Nelson Mandela"
5. Dezember 2023, 18:00 Uhr
BORG Oberndorf, Watzmannstraße 40, 5110 Oberndorf bei Salzburg
Eintritt frei

Mandelas Weg zu Ubuntu

Nelson Mandela wurde bereits früh mit Ubuntu sozialisiert. Nach dem Tod seines Vaters kam er als Neunjähriger nach Mqhekezweni. Dort wurde er vom über 80-jährigen Chief Zwelibhangile Joyi in die Geheimnisse von Ubuntu eingeweiht. Mandela erkannte, dass alle Menschen als Zweige desselben großen Familienbaums absolut gleichwertig sind – das Fundament für seinen erfolgreichen Kampf gegen das rassistische Apartheid-Regime war gelegt.

Nach 27 Jahren in Haft gelang es Mandela, für einen weitgehend versöhnlichen Übergang vom rassistischen Apartheid-Regime zur demokratischen Regenbogennation Südafrika zu sorgen. Eine klare Mission („Gleiche Rechte für alle“), eine einprägsame Vision („Ein Mensch, eine Stimme“) und ein gemeinschaftlich erarbeiteter Aktionsplan (Freiheitscharta von 1955) bildeten das Fundament seiner Führung.

Darüber hinaus lebte Mandela Werte vor, die für die Bewältigung der enormen gesellschaftlichen Herausforderungen in Südafrika von entscheidender Bedeutung waren. Dazu zählten die Bereitschaft zur Vergebung, die Zusammenarbeit mit Andersdenkenden, der Glaube an das Gute im Menschen, Mitmenschlichkeit und Großzügigkeit.

Nelson Mandela war sich aber auch über das enorme Potenzial bewusst, das Ubuntu für Unternehmen bietet.  Im Vorwort zum südafrikanischen Führungsklassiker „Let Africa Lead“ von Reuel Khoza schrieb er:

„Menschlichkeit schwächt das Geschäft nicht. Sie stärkt es. Sie festigt die Beziehungen, auf denen Teamwork und Innovation beruhen müssen. Sie schafft Vertrauen zwischen Mitarbeitern, Kunden und Communitys. Sowohl Teamwork als auch Vertrauen gelten heute als wesentliche Elemente erstklassiger Unternehmen.“

Nelson Mandela im Vorwort von Reuel Khoza „Let Africa Lead“, 2006

Titelbild: Martin Sturmer/Canva