Von Wilson Odhiambo | 22. August 2023
Nairobi (IPS/afr). Das afrikanische Blattgemüse Togotia war lange Zeit in Vergessenheit geraten. Nun will ein Forscherteam der Egerton University in Njoro im kenianischen Landkreis Nakuru die vitaminreiche und klimarobuste Sorte zurück auf den Teller bringen.
“Togotia und viele andere Gemüsesorten haben ihre Wurzeln in der vorkolonialen Zeit, wo sie eine Delikatesse waren”, erkärt Charles Kihia, Lektor für Biologie an der Egerton University. Allerdings sei das Blattgemüse während der Kolonialzeit von exotischen Gemüsesorten wie Grünkohl oder Spinat verdrängt worden. Auch heute noch wird Togotia (Euracastrum arabicum) von vielen Menschen in Kenia als Unkraut betrachtet.
Gemeinsam mit seiner Kollegin Miriam Charimbu hat Kihia ein Forschungsprojekt gestartet, um das Potenzial von Togotia für die Ernährungssicherheit in Zeiten der Klimakrise zu erheben. Das Forschungsprojekt hat einen Zuschuss vom Global Challenge Research Fund (GCRF) in Höhe von 4,9 Millionen Kenia Schilling (ca. 31.000 Euro) erhalten. Beteiligt an dem Projekt sind auch Guillermina Mendiondo (University of Nottingham) und Maud Muchuweti (University of Zimbabwe).
Teure Preise für exotisches Gemüse
Laut Kihia gehört Togotia zu den vergessenen afrikanischen Blattgemüsen, deren Beitrag zur Ernährungssicherheit von Forschung und Politik bislang weitgehend ignoriert wurde. Die globale Klimakrise stellt die Landwirtschaft in Kenia aber auf eine harte Probe: Das ostafrikanische Land erlebt derzeit eine der schlimmsten Dürreperioden der Geschichte. Ernteausfälle haben erhebliche Preissteigerungen auf den Märkten zur Folge.
„Die Dürre hat zu einem Mangel an vielen Gemüsesorten wie Grünkohl und Spinat geführt, die in der Stadt die größte Nachfrage haben”, sagt Nancy Mulu, eine Lebensmittelhändlerin in Kenias Hauptstadt Nairobi. “Die Sorten, die wir gerade bekommen, haben winzige Blätter. Wir sind gezwungen, sie in kleinen Mengen und zu hohen Preisen zu verkaufen. Die Kunden beschweren sich darüber.”
Mulu bietet auch traditionelle Gemüsesorten wie Terere (Amaranthus hybridus), Managu (Solanum nigrum) und Kunde (Vigna unguiculata) an. “Allerdings bin ich noch keinem Händler in der Stadt begegnet, der Togotia verkauft”, erzählt Mulu. “Man findet es vor allem in dörflichen Gegenden – und selbst dort behandeln es viele immer noch wie Unkraut.”
Robust gegen Klimawandel und Schädlinge
Miriam Charimbu von der Egerton University betont, dass Togotia eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherheit der Bevölkerung spielen kann: “Die Pflanzen gedeihen selbst auf mageren Böden, benötigen nur einen begrenzten Einsatz von Agrochemikalien, reifen innerhalb von zwei Wochen und sind resistent gegen viele Schädlinge.” Außerdem beinhalte Togotia zahreiche lebenswichtige Stoffe wie Vitamin C, Eisen, Zink, Eiweiß und Kalzium, so Charimbu.
Die Forscherin verweist auch darauf, dass das Blattgemüse auch im Anbau wesentlich günstiger kommt: „Die hohen Kosten für landwirtschaftliche Betriebsmittel, die für das exotische Gemüse erforderlich sind, machen den Anbau in Trockenperioden zu einem teuren und nicht nachhaltigen Unterfangen. Da Togotia eine robuste Nutzpflanze ist, hat sie im Vergleich deutlich die Nase vorn.“
Ziel des Forscherteams ist es, das hohe Potenzial von Togotia zu demonstrieren. An der Egerton University werden dazu Musterfarmen errichtet, die Landwirt*innen und Gemeinden von den Vorteilen des Blattgemüses überzeugen sollen.
Verstärkter Anbau im Dürregebieten
Allerdings scheint der Weg zu einer breiten Akzeptanz steinig: In Molo und Keresoi, den großen Gemüseanbauzentren im Landkreis Nakuru, hat Togotia noch einen schweren Stand. Hier setzen Landwirt*innen nach wie vor auf Mais, Kartoffeln, Karotten, Zwiebeln und Grünkohl. Togotia wird zumeist als Unkraut gejätet oder an das Vieh verfüttert.
Im Landkreis Baringo aber, das zu den am stärksten von der Dürre betroffenen Regionen des Landes zählt, hat bereits ein Umdenken eingesetzt. Dort zählt Togotia zu den bevorzugten Gemüsesorten der Bevölkerung.
Das Forscherteam ist daher überzeugt: Wenn dies auch in anderen Dürregebieten wie Turkana, Marsabit und Samburu gelingt, kann Togotia einen großen Beitrag zur Bewältigung der wiederkehrenden Nahrungsmittelkrisen in Kenia beitragen. (Ende)
Titelbild: Kohl, Mais und Kartoffeln gehören zu den bevorzugten Anbausorten in Kenia. In der Klimakrise wächst das Interesse an vergessenem Blattgemüse wie Togotia. (Foto: Canva)