Von Kizito Makoye | 24. Oktober 2013
Pangani (IPS/afr). Im Delta des Flusses Pangani im Nordosten Tansanias ist die Gefahr von Wasserkonflikten latent vorhanden. Hier kommen sich Maasai-Hirten und Bauern ins Gehege, die auf das kostbare Nass dringend angewiesen sind. Doch Vieh- und Landwirtschaft sind Faktoren, die die klimabedingten Probleme weiter verschärfen.
Im letzten Jahrzehnt kamen Hirten auf der Suche nach Wasser und Weideland mit zehntausenden Nutztieren ins Delta. Wie die Bezirksbeauftragte von Pangani, Hafsa Mtasiwa, berichtet, sahen sich die Maasai nach der Übernutzung ihrer traditionellen Gebiete gezwungen, sich nach neuen Weidegebieten umzusehen. In den letzten drei Jahren hatten 2.987 Hirten 87.1321 Kühe und 98.341 Ziegen in das Tieflandbecken getrieben und wertvolles Agrarland zerstört.
Die Regierung des ostafrikanischen Landes hatte zwar versucht, den Zuzug so vieler Menschen und Tiere zu kontrollieren, doch forderten Koordinierungsschwächen ihr Tribut. „Wir haben es hier mit einem sehr komplexen Problem zu tun“, betont Mtasiwa. „Um es zu lösen, wäre ein allgemeiner Konsens zwischen beiden Parteien vonnöten.“
Die wachsende Nachfrage nach Wasser und Land setzt dem 48.000 Quadratkilometer großen Flussdelta zu. Nach Angaben der Initiative für Wasser und Natur des Weltnaturschutzbundes (IUCN) leben im Pangani-Becken rund 3,4 Millionen Menschen. „80 Prozent hängen von der Subsistenzlandwirtschaft ab, und unter dem Rückgang der Wasserreserven leiden vor allem die Ärmsten der Armen.“
Niederschlagsmenge halbiert
Das tansanische Amt für Meteorologie (TMA) führt den Rückgang der Wasserreserven in den letzten zehn Jahren auf Veränderungen der Niederschlagsmuster zurück. Hatten einige Gebieten vor einer Dekade noch jährlich 990 Millimeter Regen verzeichnet, ist die Menge inzwischen auf die Hälfte zurückgegangen.
„Die Auswirkungen des Klimawandels lassen sich nur sehr schwer voraussagen. Sie sind nicht immer gleich. Es kommt vor, dass es nach einer Dürre zu Überschwemmungen kommt. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns den Klimaanomalien anpassen“, unterstreicht die TMA-Generaldirektorin Agnes Kijazi im Telefongespräch mit IPS.
Der größte Teil des Wassers wird vorwiegend für die Bewässerung und Stromgewinnung verwendet. Auf der Webseite des „Clim-A-Net“-Projekts der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, das wissenschaftliche Erkenntnisse über den Klimawandel generieren soll, heißt es, dass „fast 90 Prozent des Oberflächenwassers des Pangani-Beckens in die Bewässerung und die Stromgewinnung geht“.
„Wir schlagen uns auf der Suche nach Wasser viele Nächte um die Ohren. Das wenige, das wir finden, ist für unsere Tiere bestimmt. Wir haben so viele Kühe verloren“, klagt Vincent Ole Saidim, ein junger Maasai aus Pangani. „Die Bauern sollten auch unsere Lage verstehen.“
Doch die Bauern werfen den Hirten Rücksichtslosigkeit vor. „Diese Maasai sind Egoisten. Sie meinen, sie haben das Recht gepachtet, wenn sie unsere Lebensgrundlagen zerstören“, meint Isinika, ein Bauer aus Pangani. „Ich kann sie einfach nicht mehr sehen. Sie sollen dorthin zurückkehren, woher sie gekommen sind.“
Die Einwohner der Region berichten, dass in den letzten sechs Monaten die Spannungen zwischen Bauern und Nomaden zugenommen haben. Im August kam es in der 600 Seelen-Gemeinde Makenya zu einem Gerangel zwischen Dorfbewohnern und Hirten, als diese versuchten, ihre Herde zu der zentralen Wasserstelle der Ortschaft zu treiben. Den Bauern gelang es, die Maasai in die Flucht zu schlagen, ohne dass es Tote gab.
Doch vor zwei Jahren waren in dem Weiler Mbuguni, der 18 Kilometer von der Stadt Pangani entfernt liegt, vier Bauern von aufgebrachten Maasai-Kriegern umgebracht worden, als diese versuchten, die Verwüstung ihrer Maissetzlinge durch deren Vieh zu verhindern.
Agrar- und Weideland abtrennen
Omar Kibwana, ein Beamter von Mbuguni, gibt der Regierung eine Teilschuld an der Tragödie. Sie habe es versäumt, Farmer und Hirten durch Zäune voneinander zu trennen. „Das Problem hätte schon vor Jahren durch eine klare Demarkierung gelöst werden müssen“, meint er.
Die Pangani-Flussdelta-Behörde ist sich der Herausforderungen durchaus bewusst. Wie Arafa Maggidi, ein für die Behörde tätiger Ingenieur berichtet, wird der klimabedingte Wassermangel durch andere Faktoren wie Entwaldung, einen Anstieg der Zahl der Nutztiere und die Ausbreitung der Landwirtschaft verschärft.
„Die Gefahr des Klimawandels und die Notwendigkeit, sich ihm anzupassen, können nicht ernst genug genommen werden“, sagt er. „Wir geben unser Bestes, um die Menschen davon zu überzeugen, wie wichtig es ist, dass sie ihre Lebensgewohnheiten ändern, damit sich ihr Leiden nicht weiter vergrößert. Ein erfolgreiches Management verlangt die Integration aller ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Forderungen.“
Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Temperaturen weiter ansteigen werden, die Niederschlagsmenge und somit auch das zur Verfügung stehende Wasser abnimmt. Pius Yanda, Professor an der Universität von Dar es Salaam und Mitglied des Weltklimarats, rechnet damit, dass die Temperaturen noch vor Ende des Jahrhunderts um 1,8 bis 3,6 Grad Celsius steigen werden, die Niederschläge nachlassen und die Wasserverdunstung im Delta zunimmt.
Angesichts der düsteren Zukunftsprognosen trauern viele Menschen vor Ort den vergangenen Zeiten nach, als der Mangani und seine Nebenflüsse noch ausreichend Wasser mit sich führten. „Der Fluss hat seine besten Zeiten hinter sich“, bedauert Fundi Mhegema aus Buyuni, einem Dorf in Pangani. „Einige Fischarten sind bereits verschwunden. Das ist furchtbar.“ (Ende)
Titelbild: Begehung in einem verschlammten Teil des Pangani-Flusses (Foto: Kizito Makoye/IPS)