Von Robert Kibet | 20. Juli 2017
Nairobi (IDN/afr). Im Solai-See im westlichen Landkreis Nakuru wimmelt es von Krokodilen. Viele Jahre machte sich die heute 38-jährige Caroline Rono jeden Tag auf den Weg zum vier Kilometer entfernten See, um Wasser zu holen. Eine solarbetriebene Wasserpumpe in ihrem Dorf Kibatat hat der gefährlichen Arbeit nun ein Ende gesetzt.
Wie in fast allen ländlichen Gebieten in Afrika sind Frauen im ruralen Kenia für die Beschaffung von Wasser zuständig. Durch die wiederkehrenden Dürren ist diese Aufgabe in den letzten Jahren immer beschwerlicher geworden. „Wir Frauen schultern die gesamte Last für das Sammeln von Wasser“, sagt Rono, „angesichts der häufigen Dürren müssen wir auch Wasser für die geschwächten Tiere besorgen.“
Das Wasserholen ist für viele Frauen eine lebensgefährliche Tätigkeit. Immer wieder gibt es Berichte über Angriffe von Krokodilen, die oftmals tödlich enden. Ein Initiative von nichtstaatlichen Akteuren unter der Federführung von World Vision Kenya (WVK) hat nun für Frauen wie Caroline Rono einen Ausweg gefunden.
Solarpumpen bringen Wasser in die Dörfer
WVK hat in der Nähe von Kibatat eine Pumpe installiert, die mit Hilfe von Sonnenenergie Wasser aus einer Tiefe von 180 Metern an die Oberfläche holt. Technisches Rückgrat ist dabei ein Solaranlage, die 15 Kilowatt Strom erzeugt. Die Energie reicht aus, um das Wasser in einen 1,6 Kilometer entfernten Tank zu pumpen.
„Frauen und Kinder tragen die größte Bürde der Wasserknappheit“, erklärt der Wasseringenieur Canary Njehia von WVK. „Durch die Installation einer solarbetriebenen Wasserpumpe schaffen wir für die lokale Bevölkerung einen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser.“
Im ländlichen Kenia gibt es kaum öffentliche Stromnetze, da die Anschluss- und Wartungskosten relativ hoch sind. Erneuerbare Energien wie Solarstrom sind daher die einzige Lösung. „Wir haben zunächst an Wasserpumpen gedacht, die mit Generatoren betrieben werden“, erläutert Njehia, „aber der Betrieb hat sich als zu teuer herausgestellt. Wir wären gezwungen gewesen, für das Wasser einen hohen Preis zu berechnen, um das Projekt zu erhalten.“
Mittlerweile hat WVK bereits mehr als 100 solarbetriebene Pumpanlagen in wasserarmen Gebieten installiert. Neue Ansätze in der Wasserversorgung sind dringend notwendig: Laut Angaben der Vereinten Nationen haben weltweit 783 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser – das ist deutlich mehr als die gesamte Einwohnerzahl der Europäischen Union.
Der universelle Zugang zu Wasser und zu Sanitärversorgung wurde daher im September 2015 als sechstes der 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) verabschiedet, die zum Jahr 2030 erreicht werden sollen.
Krokodil-Attacken am Tana
Schauplatzwechsel in den Osten Kenias: Der Tana ist der längste Fluss des Landes und bildet die Lebensgrundlage für etwa acht Millionen Menschen.
Im Mai 2016 berichtete die kenianische Tageszeitung Daily Nation, dass die 21-jährig Mutter Mwanaharusi Halako aus der Kleinstadt Hola beim Wasserholen aus dem Tana von einem Krokodil verschlungen wurde. Männer, die in der Nähe Sand schürften, mussten dem Angriff tatenlos zusehen.
Amina Dakota (32) kann sich an mehrere Vorfälle erinnern, in denen Frauen und Mädchen von Krokodilen getötet wurden. Allerdings fehlte es bislang an Alternativen, meint Dakota. „Ich hatte manchmal einfach kein Geld, um für Wasser zu bezahlen, also war der Fluss meine einzige Hoffnung.“
Zum Schutz der Frauen hat die katholische Mission in Wenje gemeinsam mit dem Unternehmen Davis & Shirtliff eine Solarpumpe samt Wassertank errichtet, der 10.000 Liter fasst. Bruder Peter Ndegwa bestätigt, dass die Pumpe die Situation entschärft hat: “Früher mussten Frauen bis zu 15 Kilometer an den von Krokodilen verseuchten Tana marschieren, um Wasser zu holen.“
Laut der Crocodile Specialist Group der Internationalen Union für Naturschutz (IUCN) sei die Häufigkeit von Krokodilangriffen in vielen Ländern nur sehr schwer zu quantifizieren. Viele der Vorfälle würden sich in weit abgelegenen Gebieten ereignen. Es bestünden aber kaum Zweifel, dass es mehr Attacken gäbe als tatsächlich bekannt werden würden.
Diana Rono jedenfalls ist froh, dass sie nun keine Krokodile mehr fürchten muss. „Seitdem wir das saubere Wasser haben, tragen unsere Frauen und Mädchen kein Risiko mehr, von Krokodilen oder anderen Raubtieren angegriffen zu werden. Außerdem kann ich die Zeit, die ich bislang für das Wasserholen benötigte, nun für andere Aktivitäten nutzen, um Geld zu verdienen.“ (Ende)
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Titelbild: Im Solai-See lauern Krokodile: Wasserholen ist daher eine lebensgefährliche Aufgabe. (Foto: Robert Kibet/IDN)