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Simbabwes Straßen fordern hohen Blutzoll

Von Busani Bafana | 11. April 2022

Bulawayo (IPS/afr). Wenn Sie nachts in Simbabwe mit dem Auto unterwegs sind, dann achten Sie auf ein Augenpaar auf der Straße. Sie könnten eine Giraffe in einem Schlagloch überfahren. So lautet ein gängiger Witz, der in Simbabwe erzählt wird.

Auch wenn der Witz übertreibt, gar so weit scheint er von der Realität nicht entfernt zu sein. Simbabwes Straßen gelten als gefährlich: Im vergangenen Jahr starben mehr als 2.000 Menschen bei Unfällen, zahlreiche weitere wurden verletzt.

Im vergangenen Jahr hat die Regierung den Zustand des 88.100 Kilometer langen Straßennetzes des Landes als katastrophal eingestuft und ein Sanierungspaket in Höhe von 400 Millionen US-Dollar angekündigt.

Diese Maßnahme duldet keinen Aufschub: Laut einem im Januar 2022 veröffentlichten UN-Bericht sterben in Simbabwe durchschnittlich fünf Menschen pro Tag bei Verkehrsunfällen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht allerdings davon aus, dass die Opferzahl dreimal so hoch ist.

Die Diskrepanz wird darauf zurückgeführt, dass die Regierung nur Todesfälle am Unfallort zählt. Im Gegensatz dazu erfasst die internationale  Praxis die Todesfälle innerhalb von 30 Tagen nach einem Unfall, erklärt die Verkehrssicherheitsforscherin Lee Randall, Gründerin des Road Ethics Project in Johannesburg. Laut Randall würden afrikanische Länder über nur unzureichende Systeme zur Erfassung von Unfalldaten verfügen.

Starker Anstieg bei Todesopfern

Der UN-Bericht zur Straßensicherheit in Simbabwe stellte weiters einen starken Anstieg der Todesfälle in den letzten Jahren fest. Zwischen 2011 bis 2019 ist die Zahl der Verkehrstoten um 34 Prozent gewachsen. Rund die Hälfte der jährlich 2.000 Todesopfer entfallen auf Fahrgäste in Bussen.

Tiefe Schlaglöcher auf den Straßen sind in Simbabwe allgegenwärtig – diese hier sind durch heftige Regenfälle entstanden. (Bild: Cecil Bo Dzwowa, Shutterstock.com)

Nach Kamerun, Äthiopien und Uganda ist Simbabwe das vierte afrikanische Land, für das ein UN-Bericht zur Straßensicherheit vorliegt. Ende August 2020 hat die UN-Generalversammlung den Zeitraum 2021-2030 zum zweiten Jahrzehnt der Verkehrssicherheit erklärt. Bis Ende der Dekade soll die Zahl der Verkehrstoten und -verletzten weltweit um mindestens 50 Prozent gesenkt werden.

Neben dem hohen Blutzoll entsteht durch die unsicheren Straßen auch ein beträchtlicher wirtschaftlicher Schaden: Laut des staatlichen Verkehrssicherheitsrats von Simbabwe ereignen sich pro Jahr durchschnittlich 40.000 Unfälle. Die Kosten werden mit jährlich 406 Millionen US-Dollar beziffert – das entspricht drei Prozent von Simbabwes Bruttoinlandsprodukt des Jahres 2020.

Notrufnummer fehlt bislang

Laut Lee Randall wären die meisten Verkehrsunfälle vermeidbar, wenn das gesamte Straßenverkehrssystem angemessen betrachtet würde. Dabei sei die Durchsetzung von Straßenverkehrsregeln von entscheidender Bedeutung. Es sei aber klar, dass nicht auf jedem Kilometer Verkehrspolizist*innen positioniert werden können. “Wir müssen den Menschen früh genug Verkehrssicherheitskonzepte antrainieren, um ihr Verhalten im Straßenverkehrssystem ein Leben lang zu beeinflussen“, sagt Randall. 

Der UN-Bericht empfiehlt außerdem, dass Simbabwe eine Datenbank für Straßenunfälle einrichtet und ihre statistischen Indikatoren verbessert. Außerdem wird die Implementierung eines Meldesystems bei Unfällen vorgeschlagen. Derzeit gibt es in Simbabwe keine nationale dreistellige Notrufnummer, um die rechtzeitige Meldung von Verkehrsunfällen zu erleichtern.

Für den stellvertretenden Gesundheitsminister von Simbabwe, John Mangwiro, ist ein solches Meldesystem dringend erforderlich. Denn die zu späte Erstversorgung am Unfallort sei dafür verantwortlich, dass viele Unfallopfer vor der Einlieferung in ein Krankenhaus versterben.

Sicherheitsproblem durch Import von alten Autos

Die Exekutivsekretärin der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Afrika (ECA), Vera Songwe, sieht auch im schlechten Zustand der Fahrzeuge einen Grund für die desolate Verkehrssicherheit in Simbabwe. “Als Kontinent müssen wir den Import von Fahrzeugen stoppen, die nicht dem Standard entsprechen, die am Ende Leben kosten und der wirtschaftlichen Entwicklung schaden“, drängt Songwe.

Laut Zahlen der nationalen Statistikbehörde Zimstat importiert Simbabwe jährlich Fahrzeuge im Wert von über 340 Millionen US-Dollar. 2021 hat Simbabwe ein Einfuhrverbot für Gebrauchtfahrzeuge verhängt, die zehn Jahre und älter sind. 

Das Verbot hatte bislang allerdings kaum einen Effekt: Für die meisten Simbabwer*innen sind neuere Fahrzeuge unleistbar. Daher finden sich immer wieder Mittel und Wege, alte Autos ins Land zu bringen. (Ende)

Titelbild: Das 88.100 Kilometer lange Straßennetz in Simbabwe ist in einem desolaten Zustand – ein Sanierungspaket soll Abhilfe schaffen. (Foto: Busani Bafana, IPS)