Von Jeffrey Moyo | 3. Juni 2019
Harare (IPS/afr). Vor 20 Jahren hat die Landreform der damaligen Regierung unter Robert Mugabe zur Enteignung weißer Farmer geführt. 71.000 Bauern wurden umgesiedelt, um die frei gewordenen Ländereien zu bestellen. Doch die landwirtschaftliche Produktion blieb geringer als zuvor.
Die Regierung unter Präsident Emmerson Mnangagwa, der seit 24. November 2017 im Amt ist, scheint nun umzudenken. Denn viele der umgesiedelten Bauern waren nicht in der Lage, die Herausforderungen zu stemmen. Viele Ackerflächen liegen seitdem brach. Die Regierung möchte nun das ungenutzte Land übernehmen und es – ungeachtet der Hautfarbe – an „verdiente Landwirte“ vergeben.
Bei den Bauern herrscht angesichts der angekündigten Maßnahme große Verunsicherung. Der 78-jährige Farmer Rogers Hove, der fruchtbares Ackerland in der Provinz Mashonaland East besitzt, fürchtet um seine Existenz. Seine Farm besteht aus drei einfachen Hütten. Nutztiere sind keine vorhanden, die Felder sind unbewirtschaftet.
Angewiesen auf Almosen
Um ein wenig Einkommen zu erzielen, verkauft seine Frau Agness (70) Schmuck und Zigaretten auf der Straße. Die sieben Kinder haben die Farm längst verlassen. „Wir haben nichts von unserem Land,“ erzählt Agness, „Leute, die uns wohlgesonnen sind, geben uns Almosen.“
Rogers Hove weist die Verantwortung für die Fehlentwicklung von sich: „Seit ich das Land übernommen habe, habe ich nicht viel produziert. Der Grund liegt darin, dass ich keine Mittel habe, um meine Landwirtschaft richtig zu betreiben.“
Hove macht für die Missstände stattdessen die Regierung verantwortlich. „Sie hat immer versprochen, uns mit Saatgut und landwirtschaftlichen Hilfsmitteln zu unterstützen“, sagt er. „Aber es haben nur jene profitiert, die die regierende Zanu-PF-Partei unterstützen.“
Der 71-jährige Landwirt Menfort Mutimba hat zwei Frauen und acht Kinder. Auch er kann von seiner Farm nicht leben. „Ich bin jedes Jahr auf Lebensmittelspenden von Organisationen angewiesen, da mein Land seit meiner Ansiedlung im Jahr 2001 nicht ausreichend Nahrungsmittel abwirft“, erzählt er.
Fehlende Sicherheiten, keine Kredite
Um die Farmen in Schwung zu bringen, sind die Landwirte auf Darlehen angewiesen. Die Banken reagieren in der Regel ablehnend. Sie akzeptieren die Landflächen nicht als Sicherheit, da es sich nicht um Besitz im eigentlichen Sinn sondern um Pachtverträge mit einer Laufzeit von 99 Jahren handelt.
Erst im letzten Jahr hat die Regierung das Gesetz abgeändert – die Pachtverträge sind nun übertragbar. Die Zentralbank von Simbabwe hat deshalb zugestimmt, die Pachtverträge bei neu angesiedelten Landwirten als Sicherheit zu akzeptieren.
Rogers Hove schaut aber weiterhin durch die Finger. „Banken haben meinen Pachtvertrag als Sicherheit ohne Begründung abgelehnt“, klagt er.
Der Ökonom John Robertson ist überzeugt, dass die Banken der Regelung nicht trauen. Die weißen Bauern waren Eigentümer ihrer Farmen – bei Kreditausfällen konnten die Banken auf ihren Besitz zurückgreifen.
Die einheimischen Bauern sind nur Pächter. „Der Wert der Sicherheiten für das Land wurde auf null gesenkt, als die Regierung erklärte, dass alle landwirtschaftlichen Flächen im Land Eigentum des Staates sind“, erklärt Robertson. „Dies bedeutete, dass die Bauern den Banken keine Eigentumsurkunden als Sicherheit für Kredite anbieten konnten. Seit der Landreform haben sie keinen Zugang zu Finanzierungen.“
Der Entwicklungsexperte Mandivamba Rukuni macht indes die desaströse Wirtschaft für das Leiden der Bauern verantwortlich. „Es ist lächerlich zu erwarten, dass sich die Landwirtschaft entwickelt, wenn die Wirtschaft des Landes erstickt“, sagt Rukuni. „Den Finanzmärkten geht es nicht gut. Woher soll also die Regierung das Geld haben, um die Bauern zu unterstützen?“
Hintergrund: Das Lancaster-House-Abkommen
Die Landreform war ein zentraler Streitpunkt im Lancaster-House-Abkommen von 1979, das die Unabhängigkeit Simbabwes und das Ende der Apartheid bewirkte. In dreimonatigen Verhandlungen konnte zunächst keine Einigung über die Frage einer Landreform erreicht werden.
Robert Mugabe stand unter Erfolgsdruck. Die britische und die amerikanische Regierung boten an, Land von den Weißen zu kaufen. Dafür wurde ein Fonds eingerichtet. Tatsächlich wurden zwischen 1980 und 1990 etwa 71.000, zuvor landlose Bauern mit mehr als 20.000 km² Land bedient.
Die Labour-Regierung unter Tony Blair beendete 1997 die Vereinbarung. Als Grund für diese Entscheidung wurde angegeben, dass mit dem Fonds Land für die Eliten des Landes gekauft wurde.
Insgesamt ging die Landreform nur langsam voran und die Beliebtheit der simbabwischen Regierung schrumpfte. Präsident Mugabe initiierte im Jahr 2000 die „beschleunigte Landreform“, die zu Landbesetzungen – häufig unter Anwendung von Gewalt – führte. Die Enteignung richtete enormen Schaden an: Bevor die weißen Farmer flüchteten, brachten sie ihr Vieh um und vernichteten Traktoren und Bewässerungsanlagen.
Das enteignete Land wurde vielfach nicht wie ursprünglich vorgesehen an landlose schwarze Bauern, sondern an Günstlinge Mugabe-Regierung. Aufgrund mangelnder landwirtschaftlicher Erfahrung und das Ausbleiben der versprochenen Unterstützung durch die Regierung ließen viele der neuen Landbesitzer ihre Böden brach liegen. In der Folge kam es zu Nahrungsmittelknappheit.
Erst später kam es zu Entschädigungszahlungen: Finanzminister Mthuli Ncube erklärte im Mai 2019, dass in den letzten zehn Jahren 64 Millionen US-Dollar an 93 Farmer ausgezahlt wurden. Diese Maßnahme wurde damit begründet, das Vertrauen von Investoren zurückgewinnen zu wollen. (Ende)
Titelbild: Durch die Landreform hat die Landwirtschaft in Simbabwe schweren Schaden genommen. Nun möchte die Regierung brach liegende Felder neu vergeben. (Foto: Cecil Bo Dzwowa, Shutterstock.com)