Von Mathilde Cru | 11. Oktober 2013
Joal-Fadiouth (IPS/afr). Wenn Marie-Antoinette Satine Ndong in ihrem Dorf auf der senegalesischen Insel Fadiouth für ihre Familie kochen will, schaut sie erst einmal in Richtung Himmel. Und hofft, dass sich keine Wolken vor die Sonne schieben, die ihren Solarherd mit Energie versorgt. Das Kochgerät ist etwa einen Meter lang und 50 Zentimeter breit, doppelt verglast und wärmeisoliert.
„Jeden Morgen hole ich meinen Solarherd heraus und warte darauf, dass die Sonne für mich kocht“, sagt Ndong, die in Küstennähe lebt. Das mangrovenumsäumte Eiland Fadiouth liegt 115 Kilometer südlich der senegalesischen Hauptstadt Dakar und ist lediglich durch eine Fußgängerbrücke mit dem Festland verbunden.
Das Kochen mit Sonnenstrahlen dauert zwar länger, hat aber dafür den Vorteil, dass im Topf so schnell nichts anbrennt. „Ich muss nur von Zeit zu Zeit den Herd an eine andere Stelle rücken, damit er genug Sonne abbekommt“, berichtet Ndong.
Wie etwa 60 weitere Frauen auf der aus Muscheln entstandenen Insel hat Ndong den rauchfreien Herd im Rahmen eines Projekts der „Global Environment Facility“ (GEF) zu einem Vorzugspreis von 20 US-Dollar erworben. Die umweltfreundlichen Solarherde waren in dem westafrikanischen Land in den 1980er Jahren von Abdoulaye Touré zunächst zur Entkeimung von Wasser entwickelt worden. Der Lehrer hatte mit ansehen müssen, wie viele seiner Schüler in Sinthiou-Garba im Osten Senegals bei einer Durchfallepidemie starben.
Alternative zu Holz und Holzkohle
Den Herd, der eine Temperatur von bis zu 130 Celsius erreichen kann, ließ Touré patentieren. Der Solarkocher stellte sich als sinnvolle Alternative zu den traditionell mit Holz oder Holzkohle befeuerten Kochgelegenheiten und als Möglichkeit heraus, die senegalesischen Wälder zu schützen.
Der 58-jährige Projektkoordinator in Fadiouth, Ismaila Diouf, erinnert sich noch gut daran, wie er als kleiner Junge in den Mangrovenwäldern nach Holz suchte. Mangroven sind natürliche Wellenbrecher, die die Versalzung der Böden verhindern. „Manchmal war ich mehr als eine Stunde lang im Einbaum unterwegs, um totes Holz zu finden“, berichtet Diouf.
In ganz Senegal ist die übermäßige Nutzung der Rohstoffe aus den Wäldern, die etwa 23 bis 30 Prozent des Territoriums bedecken, inzwischen ein großes Problem. 85 Prozent der Bevölkerung kochen nach wie vor mit Holz oder Holzkohle. Doch seit der Einführung von Butangassubventionen 1973 konnte der Kahlschlag verlangsamt werden. Der Forst- und Wasserbehörde zufolge hat sich der Verlust von Bäumen seit den 1990er Jahren von 80.000 Hektar jährlich auf 40.000 Hektar halbiert.
Die Nichtregierungsorganisation (NGO) „Enda Energie“ in Dakar sieht es als großen Erfolg der ‚Butanisierungspolitik‘, dass zwischen den Jahren 2000 und 2009 rund 924.000 Hektar Wald gerettet werden konnten. Da die Subventionen inzwischen jedoch allmählich abgebaut werden und die Gaspreise somit steigen, befürchten die Umweltaktivisten eine Rückkehr der Menschen zur Holzkohle.
Bei einer Umfrage der NGO in etwa 500 Haushalten in Dakar stellte sich heraus, dass sich die Verwendung von Holzkohle seit dem Abbau der Vergünstigungen von 77 Prozent auf ungefähr 90 Prozent erhöht hat. Nachdem der Gaskonsum 2005 den bisher höchsten Stand von 136.000 Tonnen jährlich erreicht hatte, verzeichnete der Nationale Ausschuss für fossile Brennstoffe (CNH) für 2012 lediglich 100.000 Tonnen.
Energieverbrauch sinkt
Ismaila Diouf ist sich sicher, dass der Solarherd in dieser Lage genau recht kommt. „Als Familienvater merke ich, dass ich damit sparen kann“, sagt er. Auch Ndong ist froh, dass sie ihren Gasverbrauch um ein Drittel senken konnte.
Doch die Anschaffung der nicht subventionierten Solarherde ist mit umgerechnet 100 bis 130 Dollar für die meisten Senegalesen zu teuer. Zudem sind die Geräte an Regentagen oder für die Zubereitung von Mahlzeiten für mehr als zehn Personen nicht geeignet.
Die Nutznießer des GEF-Projektes stottern den Anschaffungspreis in Raten über zehn Monate ab. „Hier im Dorf haben wir nicht viel“, meint Ndong. „Wenn ich für viele Leute kochen muss, nehme ich Gas.“ Die Frauen, die eine große Familie zu versorgen hätten, nutzten den Herd, um Brot zu backen, berichtet sie.
Touré hat seit 1996 dafür gesorgt, dass in Senegal bislang 14.200 dieser Solarkocher in Betrieb genommen wurden. Im Auftrag des Wissenschaftsministeriums bildet er Menschen darin aus, die Kochgelegenheiten selbst herzustellen. Er will erreichen, dass im Land jedes Jahr 10.000 bezuschusste Solarherde bereitgestellt werden.
Herdtemperaturen bis zu 350 Grad Celsius
Wie der ständige CNH-Sekretär Pape Alassane Dème erläutert, ist es nun wichtig, die Solarkocher technologisch soweit fortzuentwickeln, dass sie höhere Temperaturen erzielen. „Denn es wäre schlimm, wenn mit dem Herd unser Nationalgericht Bratfisch nicht zubereitet werden könnte“, meint er schmunzelnd.
Touré rät schon mal dazu, das Rezept einfach an die Kapazitäten des Solarherdes anzupassen. Zugleich ist er sich sicher, dass sich die Temperaturen des Herdes durch den Einbau eines Hitzekonzentrators auf bis zu 350 Grad steigern ließen. „Wenn die Nachfrage in der Bevölkerung steigt, werden sich auch Investoren finden.“ (Ende)
Titelbild: Solarherde in Ndiaganiao, Senegal (Foto: Milamber’s portfolio, CC BY-NC-ND 2.0)