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Sansibars Frauen machen mehr aus Seetang

Von Kizito Makoye | 18. September 2018

Paje (IDN/afr). Als die Morgenbrise über Sansibars Ostküste fegt, watet Mwanamkasi Jumbe im knietiefen Wasser. Bevor es zu heiß wird, muss sie sich um ihre Seetang-Plantage kümmern. Zügig befestigt sie die Algen an einem gelben Seil aus Polyethylen. Ganze sechs Wochen wird es dauern, bis der Seetang reif für die Ernte sind.

„Es ist ein harter Job, aber ich liebe ihn“, sagt Jumbe. „Ich bekomme dafür Geld, um meine Familie zu unterstützen.“ Die 48-jährige Mutter von sechs Kindern zählt zu einer Vielzahl von „Wakulima wa Mwani“, wie die Seetang-Farmerinnen in der Landessprache Swahili genannt werden.

Der Anbau von Seetang ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor auf Sansibar, dem semi-autonomen Archipel vor Tansania. Pro Jahr werden knapp acht Millionen US-Dollar umgesetzt – etwa die Hälfte bleibt bei den Produzenten. Nach Angaben der Regierung von Sansibar beschäftigt die Seetang-Industrie 23.000 Bauern, 90 Prozent davon sind Frauen.

Jährlich werden über 11.000 Tonnen Tang geerntet und verkauft. Laut dem Handelsministerium von Sansibar zeichnen die Algen für 90 Prozent der maritimen Exporte des Archipels verantwortlich. Getrockneter Seetang ist vor allem als Grundlage für Kosmetikprodukte und Lebensmittel gefragt – die Abnehmer kommen aus Asien, Europa und den USA.

Traditionelle Rollenverteilung überwunden

Doch das Geschäft war lange Zeit nicht einfach. Traditionelle Rollenbilder und eine fehlende Weiterverarbeitung vor Ort haben dazu geführt, dass die Seetang-Bäuerinnen kein leichtes Leben hatten. Doch die Situation hat sich in den letzten Jahren zum Guten gewandt, meint Jumbe: „Mein Leben ist heute besser als vor zehn Jahren.“

Mwanamkasi Jumbe ist bereits seit 20 Jahren im Anbau von Seetang tätig. Anfang war ihr Ehemann strikt dagegen, dass sie arbeiten geht. In der Zwischenzeit hat er allerdings seine Meinung geändert, da sie mit ihrer Beschäftigung ein gutes Einkommen erwirtschaftet. „Wir sind jetzt eine glückliche Familie“, erzählt Jumbe. “Mein Mann unterstützt mich sehr. Er hilft mir normalerweise, die Ernte zu schleppen.“

Entscheidend für die Verbesserung der Einkommenssituation war auch die öffentliche Unterstützung für den Anbau von Algen. Bis vor 13 Jahren gab es nur die Möglichkeit, den Seetang direkt an Exportfirmen zu verkaufen. Die enorme Verhandlungsmacht dieser Unternehmen sorgte allerdings dafür, dass die Produzenten ihre Ernte zu Schleuderpreisen abgeben mussten.

Seetang-Cluster ermöglicht höhere Gewinne

Im Jahr 2006 trat die „Zanzibar Seaweed Cluster Initiative“ (ZaSCI) auf den Plan, die gemeinsam vom „Institute of Marine Sciences“ in Sansibar und der Regierung betrieben wird. Durch die Initiative lernten die Bäuerinnen, wie sie Wertsteigerungen für den Seetang erzielen.

Rajab Ameir, ein leitender Beamter bei ZaSCI, bestätigt, dass die kommerzielle Verarbeitung vor Ort die wirtschaftlichen Erträge der Bäuerinnen immens erhöht hat. Als Beispiel nennt er die Produktion von Seetang-Pulver, das mit bis zu fünf US-Dollar pro Kilo gehandelt wird. „Das ist ein großer Wertzuwachs gegenüber dem Verkauf der unverarbeiteten Algen“, so Ameir. Denn für ein Kilo Rohstoff gibt es nicht einmal 20 US-Cent.

Mwanamkasi Jumbe ist es sogar gelungen, in ihrem Haus eine kleine Produktion einzurichten. Hier fertigt sie Seifen, Puder, Massageöl, Kuchen und Kekse aus Seetang. „Ich zähle nicht mehr nur auf den Export“, sagt sie, „ich verdiene mehr Geld, wenn ich die Nebenprodukte lokal verkaufe.“

Auch Zahra Omar, eine Seetang-Bäuerin aus dem Dorf Bweleo an der Westküste der Insel, ist dem Cluster beigetreten. Sie erklärt, dass durch die Mitgliedschaft ihre Verhandlungsmacht gegenüber den Abnehmern deutlich gestiegen ist. Jährlich verkauft sie etwa 30 Tonnen Seetang. Damit erzielt sie einen Jahresumsatz von 4.600 US-Dollar.

Klimawandel lässt Algen sterben

Eine Bedrohung für das Geschäft der Seetang-Farmerinnen von Sansibar ist aber der Klimawandel. Die flachen Küsten und die hohen Gezeitenunterschiede bieten an und für sich ideale Voraussetzungen für die Gärten im Indischen Ozean. Steigende Meerestemperaturen führen aber immer häufiger zu bakteriellen Infektionen, die viele Algen nicht überstehen.

Das Seetang-Sterben bereitet der Meereswissenschaftlerin Flower Msuya vom Institute of Marine Sciences große Sorgen: „Die Temperaturen im seichten Wasser haben seit den 1990er-Jahren von unter 30 Grad auf etwa 38 Grad zugenommen. Und sie steigen weiter leicht.“

Hält die Entwicklung an, könnte das einen schweren Rückschlag für die Algen-Bäuerinnen auf Sansibar bedeuten. Denn der kommerzielle Anbau von Seetang ist erst in den späten 1980er-Jahren von den Philippinen auf Sansibars Hauptinsel Unguja gekommen. (Ende)

IDN ist die Flaggschiff-Agentur des International Press Syndicate.

Titelbild: Auf Sansibar arbeiten etwa 20.000 Frauen als Seetang-Bäuerinnen. (Foto: Mwinyi Sadallah/IDN)