Von Aimable Twahirwa und Martin Sturmer | 28. November 2023
Kigali, Oberndorf bei Salzburg (IPS/afr). In Masaka, einem Vorort der ruandischen Hauptstadt Kigali, wurde kürzlich ein neues Kompetenzzentrum für minimalinvasive Chirurgie eröffnet. IRCAD Africa will damit ein neues Zeitalter für chirurgische Eingriffe auf dem Kontinent einläuten.
IRCAD mit Sitz in Straßburg, Frankreich, gilt als weltweit führende Einrichtung in der minimalinvasiven Chirurgie. Das im Jahr 1994 von Jacques Marescaux gegründete Institut bildet jährlich knapp 9.000 Chirurg*innen aus aller Welt aus. Weitere Standorte befinden sich in Taiwan, Brasilien und im Libanon. 2024 sollen Brasilien und 2025 die USA folgen.
Ziel von IRCAD Africa ist die Ausbildung von Ärzten und Ärztinnen aus ganz Afrika in der noch jungen Operationstechnik. Bei der minimalinvasiven Chirurgie wird ein robotergestütztes Laparoskop in den Körper eingeführt. Dazu sind in der Regel nur kleine Schnitte notwendig. Chirurg*innen steuern das Laparoskop an einer Konsole fern. Die körperliche Belastung ist sowohl für Patient*innen als auch für das medizinische Personal wesentlich geringer als bei herkömmlichen Operationsmethoden.
Herzstück der Kigali Health City
Das neue Kompetenzzentrum wurde am 7. Oktober 2023 eröffnet. Die Finanzierung erfolgte durch Mittel der Regierung Ruandas und von IRCAD. „Wir arbeiten daran, das größte Team aus Informatikern und Chirurgen in Afrika aufzubauen“, sagt IRCAD-Gründer Jacques Marescaux.
Ruandas Präsident Paul Kagame betonte anlässlich der Einweihung von IRCAD Africa die überregionale Bedeutung des Zentrums: “Das Kompetenzzentrum dient nicht nur Ruanda. Es dient Afrika. Es wird jene Talente, die wir in Afrika haben, verbessern und auf ein viel höheres Niveau heben.”
IRCAD Africa verfügt über 16 Schulungslaboratorien am letzten Stand der Technik und einen Hörsaal mit 226 Plätzen. Das Zentrum soll zudem eine Schlüsselrolle für die Realisierung der Kigali Health City spielen. Der ambitionierte Plan der ruandischen Regierung sieht vor, dass in Masaka u. a. das größte Krankenhaus des Landes entsteht. Ab 2025 sollen hier täglich 2.000 Patient*innen behandelt werden können.
Großer Aufholbedarf bei Ärztedichte
Im Unterschied zur herkömmlichen Chirurgie verursachen minimalinvasive Eingriffe geringere Operationskosten, führen zu weniger Blutverlust, senken die Aufenthaltsdauer in Krankenhäusern und entlasten dadurch die Gesundheitssysteme. Trotz ihrer zahlreichen Vorteile steckt die Roboterchirurgie in afrikanischen Ländern aber noch in den Kinderschuhen.
Ein Grund dafür liegt in der Unterversorgung mit medizinischem Personal. Laut dem Statistischen Bundesamt steht in Ruanda pro 10.000 Einwohner*innen nur ein*e Mediziner*in zur Verfügung. Zum Vergleich: In Deutschland und der Schweiz liegt die Ärztedichte je 10.000 Einwohner*innen bei 44, in Österreich sogar bei 53. Weltweit an der Spitze steht Kuba mit einer Ärtzedichte von 84.
Für Christine Mutegaraba, Chirurgin in einer Privatklinik in Kigali, ist zunächst eine Ausbildungsoffensive unerlässlich, damit die minimalinvasive Operationstechnik in Zukunft möglichst vielen Patient*innen zugute kommen kann. Damit alleine sei es allerdings nicht getan, weiß Mutegaraba: “Es braucht außerdem enorme Investitionen, um sicherzustellen, dass Kliniken und andere spezialisierte Krankenhäuser mit Geräten ausgestattet werden, die für die Durchführung dieser Art von chirurgischen Techniken erforderlich sind.” (Ende)
Titelbild: Neues Ausbildungszentrum für minimalinvasive Chirurgie – IRCAD Africa in Masaka, Kigali (Foto: Paul Kagame / Flickr / CC BY-NC-ND 2.0 DEED)