Von Kizito Makoye und Goodhope Amani | 29. Juli 2019
Dar es Salaam (IDN/afr). Es ist ein schwüler Nachmittag in Gongo la Mboto am westlichen Stadtrand von Dar es Salaam. Abdalah Nyambi schiebt mit einem Eisenstab Plastikabfälle in einen riesigen Metallofen, in dem der Müll aus der Großstadt eingeschmolzen wird.
Danach mischt Nyambi die dampfende Masse mit Sand, um die notwendige Steifigkeit und Wasserfestigkeit zu erreichen. Sein T-Shirt ist schweißnass. „Wir verwenden jede Art von Kunststoff, um Pflastersteine herzustellen“, erklärt Nyambi. Schließlich gießt er die Masse in eine Form aus Eisen, in welcher der Baustoff aushärtet.
Nyambi ergänzt, dass das Herstellungsverfahren günstig und obendrein umweltfreundlich ist – hilft es doch, den Plastikmüll in der stark wachsenden Küstenmetropole zu reduzieren.
Der 26-jährige Abdalah Nyambi ist Co-Gründer eines Startups, das sich die Entsorgung von Plastikabfällen zum Ziel gesetzt hat. Der Name seiner Firma lautet „Plastic Recycling and Youth Organisation“ oder kurz PREYO. Bislang haben die Jungunternehmer mehr als 800.000 Kilogramm Abfall verarbeitet.
Müllentsorgung in Dar es Salaam kollabiert
Die andere Gründerin von PREYO ist die 24-jährige Liberatha Kawamala. Sie hat ihren Beruf in der Logistik-Branche an den Nagel gehängt, um ihrer Leidenschaft für den Umweltschutz nachzugehen.
Heute sammelt sie in Dar es Salaam Plastikabfälle ein und verwandelt sie in Plastikblumen, Pflastersteine und andere Baumateralien. „Ich wollte schon immer etwas tun, das die Umwelt schützt und gleichzeitig für ein Einkommen sorgt“, sagt Kawamala.
Die tansanische Metropole Dar es Salaam hat derzeit 4,4 Millionen Einwohner und gilt als einer der am schnellsten wachsenden Städte in Afrika. 70 Prozent der Bevölkerung leben in informellen Siedlungen, in denen es keine funktionierende Müllentsorgung gibt.
Der gewaltige Zustrom von Menschen, die jeden Tag aus ländlichen Gebieten in die Großstadt kommen, setzt die Infrastruktur unter Druck. Der anfallende Plastikmüll verunreinigt das Stadtbild, verstopft Abwasserkanäle und vergiftet die Fische und andere Lebewesen im Indischen Ozean.
Für Liberatha Kawamala trägt das Engagement ihres Unternehmens dazu bei, die Einstellung der Bevölkerung gegenüber Plastik zu verändern. Sie hat beobachtet, dass Menschen in ihrer Umgebung die Recycling-Produkte zunehmend als Baustoffe einsetzen. „Ich bin sehr beeindruckt von der großen Resonanz auf unsere Arbeit“, sagt sie, „das motiviert uns, noch härter zu arbeiten.“
Müllberge wachsen rasant
Tansania hat mit 1. Juni 2019 ein restriktives Verbot von Plastiktüten verhängt, das die Herstellung, den Import und die Nutzung von Plastiktüten unter Strafe stellt. Damit hofft die Regierung, der steigenden Abfallproblematik Herr zu werden: Nach Angaben der nationalen Umweltstatistik fallen in Dar es Salaam täglich mehr als 4.600 Tonnen Abfall an. Bis 2025 soll das Volumen auf 12.000 Tonnen ansteigen.
Beobachter sagen, dass der Regierung eine einheitliche Strategie für das wachsende Müllproblem fehlt. „Wir können uns nicht darauf verlassen, dass kleine Unternehmen die täglich anfallenden Abfälle handhaben“, sagt Emrod Elisante, Professor für Umweltingenieurwesen an der Universität von Dar es Saslaam. „Die Regierung muss genügend Ressourcen bereitstellen, um dieses Problem zu lösen.“
Die Idee zur Gründung von PREYO entstand Anfang 2018, als Kawamala und Nyambi sich bei einer Veranstaltung der Vereinten Nationen trafen. Dort konnten beide ihre Fähigkeiten bei der Umwandlung von Kunststoffabfällen in Baumaterialien unter Beweis stellen.
Kurze Zeit später trafen die beiden die Entscheidung, mit der Idee ihren Lebensunterhalt verdienen zu wollen. Ein 3,5 Kilogramm schwerer Pflasterstein kostet 600 Tansania-Schilling, das sind umgerechnet 0,23 Euro. Kawamala weist daraufhin, dass die Produkte besonders langlebig und wasserdicht sind.
Arbeitsplätze für junge Menschen
Eine der größten Herausforderungen, mit denen das junge Unternehmen konfrontiert ist, bleibt die starke Rauchentwicklung beim Einschmelzen. Hier könnte ein neuer Ofen mit speziellen Filtern für Abhilfe schaffen, für die Anschaffung fehlt aber noch das Geld. „Wir hoffen auf eine neue Maschine, die das Rauchproblem ein für alle Mal löst“, meint Kawamala.
Ein wichtiges Anliegen ist Kawamala auch, jungen Menschen Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten. Derzeit bezahlt PREYO Abfallsammlern pro Kilogramm Plastik einen Gegenwert von 0,11 Euro.
Das Unternehmen produziert derzeit pro Tag etwa 100 Pflastersteine und 40 bis 60 Kunststoffmasten. Kawamala hofft, dass die Kapazität auf 200 Pflastersteine erhöht werden kann, sobald eine neue Maschine angeschafft werden kann. „Ich bin sehr optimistisch, die Zukunft ist vielversprechend“, sagt die 24-jährige Jungunternehmerin. (Ende)
IDN ist die Flaggschiff-Agentur des International Press Syndicate.
Titelbild: Das PREYO-Team mit Abdalah Nyambi (vorne rechts) und Liberatha Kawamala (hinten rechts) zeigt seine Pflastersteine aus Kunststoff. (Foto: PREYO)