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Nigeria: Die letzte Zuflucht der Drille 

Von Promise Eze | 20. Oktober 2025

Boki (afr/IPS). In den frühen Morgenstunden dreht Gabriel Oshie seine tägliche Runde über die Ranch im Afi Mountain Wildlife Sanctuary. Hinter den elektrisch gesicherten Zäunen warten hunderte Drille ungeduldig auf ihr Frühstück. Oshie füttert sie mit Bananen und anderen Früchten.

Drille zählen zu den seltensten Primatenarten der Welt. Ihr Bestand in freier Wildbahn wird auf weniger als 4.000 Tiere geschätzt. Sie leben in großen Gruppen, die von einem dominanten Männchen angeführt werden, und kommen ausschließlich in Teilen Nigerias, im Südwesten Kameruns sowie auf der Insel Bioko in Äquatorialguinea vor.

Tierpfleger gabriel Oshie arbeitet bereits seit 23 Jahren auf der Drill Ranch (Foto: Promise Eze/IPS).
Tierpfleger gabriel Oshie arbeitet bereits seit 23 Jahren auf der Drill Ranch (Foto: Promise Eze/IPS).

Gemeinsam mit den etwas größeren Mandrillen bilden sie die Gattung der Mandrillartigen. Ein markanter Unterschied ist sofort erkennbar: Während Drille ein schwarzes Gesicht haben, sind die Gesichter der Mandrille leuchtend rot-blau gefärbt. Auch bei Drillen ist jedoch die Gesäßregion auffällig rot oder blau.

Gabriel Oshie ist seit 23 Jahren Tierpfleger auf der Drill Ranch im Afi Mountain Wildlife Sanctuary im nigerianischen Bundesstaat Cross River. „Wildtiere sind die Schönheit der Natur“, sagt er. „Wenn man die Drille, die Wälder und die anderen Tiere sieht, kann man ihre Schönheit einfach nur bewundern. Aber es ist traurig, dass Menschen die Tierwelt trotz ihrer Bedeutung zerstören.“

Milliarden für Wildtiere auf dem Schwarzmarkt

Die Population der Drille ist in den vergangenen Jahren drastisch zurückgegangen. Hauptursachen sind Abholzung und Jagd. Besonders der illegale Handel mit Wildtieren gilt mittlerweile als einer der lukrativsten kriminellen Aktivitäten überhaupt – laut Interpol werden damit jährlich 20 Milliarden US-Dollar umgesetzt. 

Nigeria hat sich in den letzten Jahren zu einem zentralen Umschlagplatz entwickelt. Die Grenzen des Landes sind durchlässig, Kontrollen finden nur selten statt. Neben Affen werden auch Elfenbein, Schuppentiere und viele weitere bedrohte Arten geschmuggelt.

Zwar haben die nigerianischen Behörden versucht, dem illegalen Handel entgegenzuwirken – etwa durch die Schließung von Buschfleischmärkten oder die Beschlagnahmung geschmuggelter Tiere. Im Juli dieses Jahres meldeten sie die bislang größte Razzia im Bereich des Wildtierhandels: Am internationalen Flughafen von Lagos wurden über 1.600 Vögel abgefangen, die nach Kuwait exportiert werden sollten.

„Die Biodiversität in Nigeria steckt in einer tiefen Krise“, warnt Rita Uwaka von der nigerianischen Umweltorganisation Environmental Rights Action. „Durch die Ausweitung industrieller Plantagen sind große Teile unserer Waldlandschaft zerstört worden. Das hat zu erheblichen Verlusten bei Tier- und Pflanzenarten geführt – mit gravierenden Folgen für Mensch und Klima. Zudem beobachten wir, wie Konzessionsverträge mit großen Agrarkonzernen geschlossen werden, was den Biodiversitätsverlust weiter beschleunigt.“

Schutzprojekt für Drille

Die Drill Ranch wurde von den beiden US-amerikanischen Naturschützer*innen Liza Gadsby und Peter Jenkins im Jahr 1991 gegründet. Heute beherbergt sie mehr als 600 Drille und gilt weltweit als das erfolgreichste Zuchtprojekt dieser Art.

Auf dem Weg nach Botswana, ausgestattet lediglich mit einem Touristenvisum, kamen Gadsby und Jenkins nach Nigeria. Dort erfuhren sie in Boki von einem Gorilla-Schutzprojekt – und entdeckten neben den Gorillas auch Drille, die damals außerhalb Kameruns als nahezu ausgestorben galten.

Ein Mandrill (links) ist von einem Drill (rechts) einfach durch die Gesichtsfärbung zu unterscheiden (Fotos: Shutterstock.com).
Ein Mandrill (links) ist von einem Drill (rechts) einfach durch die Gesichtsfärbung zu unterscheiden (Fotos: Shutterstock.com).

„Drille waren damals noch weitgehend unbekannt und in ganz Afrika stärker gefährdet als Gorillas“, erzählt Liza Gadsby im Gespräch mit IPS. „Natürlich wussten die Einheimischen schon immer von ihrer Existenz, aber die internationale Gemeinschaft hatte sie damals erst kürzlich wiederentdeckt. Deshalb haben sie uns besonders interessiert.“

Daraufhin gründeten die beiden die Organisation Pandrillus in Calabar, der Hauptstadt des Bundesstaates Cross River. Heute arbeitet Pandrillus in Boki erfolgreich mit 18 Gemeinden zusammen. Die Organisation betreibt Aufklärungsarbeit in der lokalen Bevölkerung und stellt Ranger ein. Diese patrouillieren regelmäßig die umliegenden Wälder, um Wilderei zu verhindern. Die Ergebnisse sprechen für sich: Rund 90 Drille wurden bislang freiwillig von Dorfbewohner*innen an das Schutzprojekt übergeben.

Die Arbeit von Pandrillus ist auch von staatlicher Seite anerkannt: Nach zehnjähriger Lobbyarbeit wurde der Teil des Waldreservats, in dem sich die Ranch befindet, offiziell zum Naturschutzgebiet erklärt.

Unsichere Zukunft

Das übergeordnete Ziel des Projekts sei die Wiederauswilderung der Drille, erklärt Ranchmanager Zach Schwenneker. Doch die fortschreitende Abholzung der Wälder im Bundesstaat Cross River erschwert dieses Vorhaben zunehmend. Viele Menschen versuchen, durch den Anbau von Kakao ihren Lebensunterhalt zu sichern – häufig auf Kosten der noch bestehenden Waldflächen.

Auch die staatliche Unterstützung hat nachgelassen: Während Pandrillus früher regelmäßige Zuschüsse für die Versorgung der Tiere erhielt, ist diese finanzielle Hilfe mittlerweile eingestellt. Heute ist das Projekt fast ausschließlich auf internationale Unterstützung und private Spenden angewiesen.

Umweltschützerin Rita Uwaka erklärt gegenüber IPS, dass Nigeria zwar einen nationalen Aktionsplan zur Erhaltung der biologischen Vielfalt verabschiedet habe, dieser aber kaum wirksam sei: „Die Gesetze wirken zwar auf dem Papier beeindruckend, sind in der Praxis jedoch aufgrund schwacher Überwachungssysteme oft wirkungslos“, sagt sie.

Für Gabriel Oshie, den engagierten Tierpfleger, steht fest: Der langfristige Erfolg des Projekts hängt entscheidend vom Bewusstsein der Bevölkerung ab. „Ich bin hier, weil ich die Natur schützen möchte“, sagt er. „Ohne uns könnte die Abholzung überhandnehmen, die Wälder zerstören und den Tieren schweren Schaden zufügen.“ (Ende)

Titelbild: Ein Drill hinter einem elektrischen Zaun auf der Drill Ranch im im Afi Mountain Wildlife Sanctuary (Foto: Promise Eze/IPS)