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Boom bei Infrastruktur-Projekten

Von Jeffrey Moyo | 17. April 2018

Harare (IDN/afr). Der 35-jährige Denford Muzvidziwa hat einen Universitätsabschluss in Sozialarbeit. Allerdings hat er in diesem Bereich nie ein Arbeitsstelle gefunden. Heute trägt Muzvidziwa einen blauen Overall und hält sich mit einem Gelegenheitsjob beim Bau des Highways zwischen Harare und Mutare über Wasser.

Muzvidziwa ist aber dankbar, überhaupt Arbeit gefunden zu haben: „Ich bin glücklich darüber, dass die Regierung beschlossen hat, die Strecke auf die doppelte Länge auszubauen. Jetzt kann ich endlich Geld für meine Familie verdienen.“

In Simbabwe wird derzeit die Straßenverbindung der Hauptstadt Harare mit der Städten Bulawayo im Südwesten und Mutare im Osten modernisiert. Die Maßnahme steht im Einklang mit dem 9. Nachhaltigen Entwicklungsziel der Vereinten Nationen, das u. a. den Aufbau einer belastbaren Infrastruktur vorsieht.

Auch der simbabwische Energiesektor entwickelt sich rasant. Die Kapazität des Wasserkraftwerks an der Kariba-Talsperre wird um weitere 300 Megawatt aufgestockt. Die Investitionssumme für das Projekt liegt bei einer halben Milliarde US-Dollar. Unterstützung kommt vor allem von der chinesischen Staatsfirma Sinohydro, die für den Ausbau des Kraftwerks zuständig ist.

Bereits im Mai 2017 wurde der Tokwe-Mukorsi-Staudamm fertiggestellt. Die Staumauer ist mit einer Höhe von 89,2 Metern die größte im Landesinneren. Der neue Damm soll vor allem Wasser für die von Dürren geschüttelten südlichen Teile von Simbabwe liefern.

Fortschritt erreicht die Region

Aber nicht nur Simbabwe macht mit großen Infrastrukturprojekten von sich reden. Auch in Angola, Mosambik, Sambia und Südafrika wurden Großprojekte in Angriff genommen. So ist das Straßennetz im südlichen Afrika seit 2007 im Durchschnitt um 7.500 Kilometer pro Jahr gewachsen.

Die Entwicklungsexpertin Heather Maungwe aus Harare meint, dass die gesamte südafrikanische Region aus einem Dämmerzustand erwacht ist: „Die meisten Länder im südlichen Afrika sind wegen ihrer korrupten Regierungen unterentwickelt geblieben. Jetzt hat der Fortschritt die Region erreicht. Das Hauptaugenmerk muss zunächst der Infrastruktur gelten.“

In Angola wird am Fluß Kwanza an einem der größten Dammprojekte in Afrika gebaut. Die Laúca-Talsperre ist 156 Meter hoch und mehr als 1,2 Kilometer breit. Die Kosten für den Mega-Damm liegen bei 5,4 Milliarden US-Dollar.

Mit der Errichtung des Baus ist das brasilianische Unternehmen Odebrecht beauftragt. Nach Angaben des Bauträgers soll die Produktionskapazität von 2.070 Megawatt ausreichen, um eine Stadt mit acht Millionen Einwohnern mit Strom zu versorgen.

Der neuge Flughafen in der angolanischen Hauptstadt Luanda ist ein weiteres Mammutprojekt. Hier werden insgesamt 3,8 Milliarden US-Dollar investiert. Durch den neuen Flughafen soll sich das Aufkommen von derzeit drei Millionen Passagieren pro Jahr auf 15 Millionen verfünffachen.

Und auch in Sambia macht die Entwicklung der Infrastruktur enorme Fortschritte. Im ganzen Land werden Häuser, Schulen, Gesundheitseinrichtungen und Bürogebäude. Außerdem werden die vier Flughäfen der „National Airports Corporation“ (NAC) modernisiert, damit sie internationalen Standards genügen.

Im September 2017 hat Sambia zudem den Startschuss für ein Straßenbauprojekt gegeben, das die Bergbaustädte der Copperbelt-Provinz mit den zentralen und südlichen Landesteilen verbinden soll. Das 1,2 Milliarden teure Unterfangen wird von China finanziert.

Laut Sambias Präsident Edgar Lungu werden während der geplanten Bauzeit von vier Jahren mehr als 3.000 Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung geschaffen.

„Regierungen werden übers Ohr gehauen“

Viele Entwicklungsexperten beäugen die Entwicklung allerdings mit großer Skepsis. „Die meisten Infrastrukturprojekte werden von wenig bekannten chinesischen Unternehmen durchgeführt“, meint etwa Edwin Mwansa aus der Hauptstadt Lusaka. „Sie arbeiten mit den schlecht ausgebildeten Arbeitskräften von einheimischen Subunternehmern, die aber hervorragende Verbindungen zu den einflussreichen Politikern haben. Die Regierungen der gesamten Region werden übers Ohr gehauen, weil es bei den Infrastrukturprojekten nur schäbige Jobs gibt.“

Trotz der teilweise heftigen Kritik drückt China auch in anderen Ländern ordentlich aufs Tempo. In Mosambik wird seit letztem Jahr an der längsten Hängebrücke in Afrika gebaut. Die Errichtung der Maputo-Katembe-Brücke kostet 725 Millionen US-Dollar, die von der staatlichen China Exim Bank in Peking finanziert werden.

Aber auch afrikanische Investoren treten zunehmend auf den Plan. Mitte letzten Jahres gab die südafrikanische Firma „Capital Projects“ bekannt, 780 Millionen US-Dollar in den Bau einer Autobahn zwischen der Provinz Inhambane in Mosambik und Südafrika investieren zu wollen. Dadurch soll die Zusammenarbeit der beiden Ländern in Tourismus und Handel verstärkt werden.

Wirtschaftsexperten meinen, dass es auch für europäische Investoren an der Zeit wäre, in der Region stärker aktiv zu werden. So glaubt der südafrikanische Ökonom Nkululeko Zwane, dass der Zug noch nicht abgefahren sei und der Infrastruktur-Boom noch einige Jahre glänzende Investitionsmöglichkeiten bieten werde.

Arbeiter wie Denford Muzvidziwa hoffen indes, dass der Boom möglichst lange anhält. „In einer Zeit, in der unser Land seine Infrastruktur verbessert, kann ich durchatmen und mit Gelegenheitsjobs meine Familie ernähren.“

IDN ist die Flaggschiff-Agentur des International Press Syndicate.

Titelbild: Arbeiter auf einer Baustelle des Harare-Mutare-Highways (Foto: Jeffrey Moyo/IDN)