Von Martin Sturmer | 22. Juli 2020
Entasekera/Salzburg (afr). Dr. Isaiah Mootian schaut besorgt auf die neuen Corona-Infektionszahlen. „Auch wenn wir in unserem Einzugsgebiet noch keinen Fall haben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Virus auch uns erreicht“, meint der ärztliche Leiter der Klinik von Entasekera im Süden von Kenia.
Das Krankenhaus von Entasekera bereitet sich intensiv auf die kommenden Herausforderungen vor. Das Spital nahe der Grenze zu Tansania wurde von „Sei So Frei“ – der entwicklungspolitischen Organisation der Katholischen Männerbewegung – mit aufgebaut. Nun hilft die Organisation beim Kampf gegen Corona. Mit 14.168 bestätigten Infektionen und 250 Todesfällen hat Kenia den Höhepunkt der Corona-Pandemie noch nicht erreicht (Stand: 22. Juli).
Einziges Spital für 30.000 Maasai
Wolfgang Heindl (46), Projektreferent von „Sei So Frei“ in Salzburg, war noch im Februar vor Ort. „Das Krankenhaus befindet sich im schwer zugänglichen Hochland von Loita auf 2.000 Meter Seehöhe“, erzählt er, „selbst bei trockenen Straßen benötigt man mit einem Geländewagen vier Stunden bis in die nächste Stadt. Für die 30.000 Maasai in dem dünn besiedelten Gebiet ist Entasekera die einzige Gesundheitseinrichtung.“
Heindl beunruhigt vor allem die Wachstumskurve: „Die tägliche Steigerungsrate an Infektionsfällen lag zuletzt bei rund vier Prozent“, sagt Heindl. „Hält der Trend an, dann haben wir in Kenia in drei Monaten über 400.000 Fälle. Es geht jetzt darum, das Schlimmste zu verhindern.“
„Sei So frei“ unterstützt das Corona-Vorsorgeprojekt, das Dr. Mootian gemeinsam mit seinem Team entwickelt hat. Das Projekt sieht mehrere Maßnahmen vor: Eine Informationskampagne soll die Maasai über den notwendigen Schutz aufklären. Dazu fährt das Team von Dorf zu Dorf, um die Menschen zu beraten. „Zentral ist der Verzicht auf traditionelle Maasai-Zeremonien wie die Hochzeitsfeier Enkiama oder das Kriegerritual Eunoto“, sagt Mootian.
In der Klinik selbst ist eine Isolierstation mit 17 Betten entstanden, damit Erkrankte keine weiteren Personen gefährden können. Für das Krankenhauspersonal wurde Schutzausrüstung besorgt, um Ansteckungen zu vermeiden – dazu gehören etwa medizinischer Gesichtsschutz, Desinfektionsmittel und Infrarot-Temperaturmesser.
Großes Vertrauen in kenianische Partner
Heindl ist überzeugt, dass die Unterstützung aus Österreich Leben rettet. Er hat großes Vertrauen in Dr. Mootian und das Krankenhauspersonal von Entasekera: „Kenia hat leidvolle aber lehrreiche Erfahrungen im Umgang mit Infektionskrankheiten gemacht“, erklärt Heindl. „Anders als in Europa wurden früh strenge Maßnahmen gesetzt.“
Das habe er selbst bei seiner Projektreise im Februar und März erlebt. „In jedem Flughafen standen Desinfektionsspender bereit“, erzählt er. „Bei allen Passagieren wurde Fieber gemessen. Als ich in der zweiten Märzwoche zurück nach Österreich geflogen bin, waren solche Sicherheitsvorkehrungen weder am Amsterdam Airport noch am Flughafen Wien der Fall.“
Österreichische Hilfe im Maasai-Gebiet
Das Krankenhaus von Entasekera wurde am 29. Jänner 1999 eröffnet. Die Errichtung wurde durch eine Spendenaktion von „Sei So Frei“ in Tirol ermöglicht. Für den reibungslosen Betrieb des Krankenhauses mit seinem 30-köpfigen Team braucht es pro Jahr etwa 90.000 Euro. Neben „Sei So Frei“ zählen das Land Salzburg, das Land Tirol und die Aktion „Sterntaler“ zu den wichtigsten Unterstützern.
Geprägt wurde die Klinik vor allem durch die Arbeit der Zillertaler Ärztin und Romero-Preisträgerin Dr. Maria Schiestl. Bereits vor ihrem Tod im Mai 2017 hatte „Daktari Maria“, wie sie von den Maasai liebevoll genannt wurde, die ärztliche Leitung an Dr. Mootian übertragen.
„Wer Menschen Hoffnung gibt, trägt ihnen gegenüber auch Verantwortung“, lautete das Motto von Maria Schiestl. Wolfgang Heindl fühlt sich diesem Leitspruch verpflichtet und appelliert an potenzielle Spender: „Die Maasai in Loita brauchen dringend Schutz und Hilfe – wir dürfen sie jetzt nicht im Stich lassen.“ (Ende)
Titelbild: Wolfgang Heindl (links) war Ende Februar in Entasekera und konnte sich von der vorbildlichen Arbeit von Dr. Isaiah Mootian (rechts) und seinem Team überzeugen. (Foto: Sei So Frei/Carmen Kaar)