Von Fatima Sene, Africa Renewal* | 25. Januar 2018
Accra (AR/afr). An der Kwame Nkrumah University of Science and Technology verfolgte die Studentin Angela Koranteng ihren persönlichen Traum. Sie hatte sich für das Studium der Gesundheitswissenschaften eingeschrieben. Aber anstatt Patienten zu behandeln, wollte Angela Koranteng Ingenieurin werden und Krankenhäuser bauen.
Aus den Krankenhäusern ist bislang nichts geworden. Koranteng hat aber eine zahlreiche technische Lehrveranstaltungen besucht und darf sich seit ihrem Universitätsabschluss als „Professional African Coder“bezeichnen. Im Zeitalter der Digitalisierung wird das Programmieren von Software, Apps oder Websites immer mehr zu einer Schlüsselqualifikation. Der Beruf gilt allerdings als männliche Domäne.
Schon während ihrer Schulzeit hatte Koranteng eine Vorliebe für Technik. Ihre Ambitionen wurden aber mit Argwohn betrachtet: „Ich musste alles von der Basis weg lernen, während die Jungs die Grundlagen bereits kannten“, erzählt Angela Koranteng gegenüber der UN-Zeitschrift Africa Renewal, „meine Beiträge wurden als weniger intelligent angesehen als jene meiner männlichen Kollegen.“
Selbst ihr Vater sei sich nicht sicher gewesen, ob ihr Weg der richtige ist. „Er verstand nicht, dass das Programmieren zu einer der gefragtesten Fähigkeiten in allen Branchen werden würde“, erklärt Koranteng.
Heute arbeitet Angela Koranteng im Management der gemeinnützigen Organisation STEMbees, die junge Frauen in den Fächern wie Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik betreut. Koranteng hofft, dass die Organisation in East Legon bei Accra dazu beitragen kann, die enorme Kluft zwischen den Geschlechtern in technischen Berufen zu schließen.
IT-Branche von Männern dominiert
Allerdings ziehen technologielastige Fächer in Ghana immer noch relativ wenig Studentinnen an. Hoch im Kurs stehen nach wie vor Lehramtsstudien oder Ausbildungen in Recht, Medizin und Wirtschaft.
Auch in den Industrienationen wird der IT-Bereich unverhältnismäßig stark von Männern dominiert. Im Jahr 2013 waren in den USA nur 26 Prozent der Computerfachleute weiblich. Das bedeutet einen überraschend starken seit dem Jahr 1990: Damals waren es noch 35 Prozent gewesen. Im Vergleich dazu ist der Anteil von Frauen im Ingenieurwesen von neun Prozent im Jahr 1990 auf 12 Prozent im Jahr 2013 moderat gestiegen.
Obwohl verlässliche Daten für Afrika weitgehend fehlen, geht Angela Koranteng davon aus, dass die Situation weit schlimmer ist. Im geschäftigen Computer Village von Lagos in Nigeria etwa sind es fast ausschließlich junge Männer, die Apps entwickeln oder Websites gestalten.
Trotz des rapiden Anstiegs der Internetnutzung in Afrika hat laut Internet World Stats nur etwa ein Drittel der Bevölkerung Zugang zum Netz. Die vergleichsweise niedrige Nutzungsrate gilt als ein Haupthindernis dafür, dass junge Frauen überhaupt Berufe in der IT anstreben.
Unternehmerin als Vorbild
Eines der wenigen Erfolgsbeispiele ist die Ghanaerin Ethel Cofie, die laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes zu einer der fünf einflussreichsten Frauen in der IT-Branche in Afrika zählt. Cofie ist Gründerin und CEO des Dienstleisters Edel Technology Consulting in Accra.
Die erfolgreiche Unternehmerin hat ihr Informatik-Studium während des Dotcom-Hypes um die Jahrtausendwende abgeschlossen und sich früh auf die aufstrebenden Märkte in Afrika konzentriert. Um junge afrikanische Frauen in der Computerindustrie zu fördern, hat sie die Initiative Women in Tech Africa ins Leben gerufen.
Heute ist Ethel Cofie für viele Frauen aus ganz Afrika ein Vorbild. “Programmierung ist eine der gefragtesten Fähigkeiten auf der ganzen Welt“, sagt Cofie, „afrikanische Mädchen müssen die Chance nutzen.“
Initiativen für Ausbildung und Vernetzung
Die in Lagos ansässige Technologieschmiede Andela hat sich ganz der Ausbildung von IT-Talenten aus Afrika verschrieben. Heute sind fast 30 Prozent der über 600 Entwickler an den Andela-Standorten in Lagos, Nairobi und Kampala Frauen, bestätigt Christine Magee, Kommunikationsdirektorin des Unternehmens. Im Jahr 2016 investierte die Chan Zuckerberg Initative von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und seiner Frau Priscilla Chan 24 Millionen US-Dollar in das Startup.
Einen ähnlichen Ansatz wie Andela verfolgt die Awele Academy in Lagos mit ihrem Bildungsangebot für zukünftige Programmiererinnen. Allerdings ist der Output bislang moderat: Zu den Bootscamps sind maximal 20 Studentinnen zugelassen.
Die Förderung von Frauen in technischen Berufen ist auch das Thema zahlreicher lokaler Konferenzen. Bei diesen Veranstaltungen können sich die jungen Nachwuchskräfte mit ihren Vorbildern austauschen und ihre Karriereaussichten diskutieren. Die Hoffnung lautet, dass die Ausbildung von IT-Spezialistinnen letztendlich auch zu einer Angleichung des Lohnniveaus zwischen Männern und Frauen führen wird. (Ende)
*Fatima Sene ist Mitarbeiterin unseres Partnermagazins Africa Renewal der Vereinten Nationen. Dieser Beitrag ist erstmals in der Ausgabe Dezember 2017-März 2018 erschienen.
Titelbild: Das Programmieren von Software, Websites und Apps gilt als Zukunftsberuf für junge Frauen in Afrika. (Foto: Shutterstock.com)