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Junge Agripreneure kämpfen um Kapital

Von Chemtai Kirui | 17. September 2025

Dakar (IPS/afr). Winnie Wambui lehnt sich mit dem Mikrofon in der Hand nach vorne, ihr Blick wandert durch den Saal, bis sie eine erhobene Hand entdeckt. Dann die Frage, die viele im Saal beantwortet wollen wissen: Wie ist es ihr gelungen, aus einem Uniprojekt ein florierendes Unternehmen zu entwickeln?

Die 24-jährige Jungunternehmerin betreibt die Harcourt Agri-Eco Farm in Juja, eine Stadt 30 km nördlich von Nairobi. Mit Hilfe schwarzer Soldatenfliegen recycelt ihr achtköpfiges Team monatlich 30 Tonnen organischer Abfälle zu Tierfutter – und erzielt dabei einen Umsatz von mindestens 1.000 US-Dollar.

Wambui erinnert sich zurück an ihre ersten Experimente, die sich im Jahr 2022 an der Jomo Kenyatta University of Agriculture and Technology durchgeführt hatte: „Damals hätte ich nicht damit gerechnet, dass daraus eine Farm oder ein Unternehmen werden würde.“

Videobeitrag von GrowthAfrica über die Arbeit von Winnie Wambui und die Harcourt Agri-Eco Farm

Die Geschichte von Winnie Wambui steht exemplarisch für die Hoffnung, die viele in Afrikas Jugend setzen. Auf dem Africa Food Systems Forum (AFSF, 31. August – 5. September, ) in Dakar stand die junge Generation ins Rampenlicht: Junge Agrarunternehmer*innen teilten sich die Bühne mit Staatsoberhäuptern – ein symbolischer Schritt in einer Region, in der fast 400 Millionen Menschen unter 35 Jahre alt sind.

„Unser Durchschnittsalter liegt bei nur 19 Jahren”, sagt Claver Gatete, Exekutivsekretär der UN-Wirtschaftskommisson für Afrika (UNECA). “Und bis 2050 wird jeder dritte junge Mensch auf der Welt Afrikaner oder Afrikanerin sein. Wenn man den Jugendlichen Land, Geld, Technologie und Märkte gibt, könnten sie nicht nur Afrika, sondern auch die ganze Welt ernähren.“

Große Pläne – und eine noch größere Lücke

Die Vision ist ehrgeizig. Mit CAADP 3.0, einer Weiterentwicklung des kontinentalen Landwirtschaftsplans der Afrikanischen Union, sollen Investitionen von 100 Milliarden US-Dollar mobilisiert, die landwirtschaftliche Produktion um 45 Prozent gesteigert und die Einbindung junger Menschen massiv ausgeweitet werden.

Doch die Realität zeigt ein anderes Bild: Afrika verfügt zwar über rund 65 Prozent des ungenutzten Ackerlandes der Welt, dennoch muss der Kontinent pro Jahr Lebensmittel im Wert von über 500 Milliarden US-Dollar importieren.

Vor allem fehlt es an Finanzierungsmodellen, nur drei bis vier Prozent der Bankkredite fließen in den Agrarsektor. „Wir haben uns auf Zuschüsse und Hilfen verlassen, um die Landwirtschaft über Wasser zu halten, und dadurch ist der Agrarsektor in eine Risikowahrnehmungsfalle geraten“, warnt Adesuwa Ifedi, Vizepräsident für Afrika der Entwicklungsorganisation Heifer International.

Viele Jungunternehmen können nicht wachsen oder scheitern ganz, weil ihnen die Kredite fehlen. Erfolgsgeschichten wie Winnie Wambui sind daher selten.

Auch der tansanische Unternehmer Nelson Joseph Kisanga berichtet von einem steinigen Weg. Einst Banker, verlor er beim Einstieg in die Geflügelzucht fast alles. Heute führt er mit seiner Frau ein erfolgreiches Gewürzunternehmen namens Get Aroma Spices, das mehr als 50.000 Bauern in Südtansania einbindet und nun auch nach Ghana expandiert.

„In meiner Heimat heißt es, dass Landwirtschaft nichts für junge Leute ist“, bedauert Kisanga. „Skalierung bedeutet Kredite zu hohen Zinsen – selbst heute noch. Es gibt keinen anderen Weg.“

Viel Applaus, wenig Transparenz

Das Forum bot symbolische Anerkennung und einzelne Unterstützungen für die Jungunternehmer*innen. Die sichtbarste Initiative war der GoGettaz Agripreneur Prize. Die mit jeweils 50.000 US-Dollar dotierte Auszeichnung ging an den Ägypter Naglaa Mohammad, der landwirtschaftliche Abfälle in Naturprodukte verwandelt, und an den Ugander Samuel Muyita, der Nanotechnologie einsetzt, um Ernteverluste bei Obst und Gemüse zu reduzieren.

Außerdem hat Senegal ein 22,5 Millionen US-Dollar schweres Pilotprojekt für gemeinschaftliche landwirtschaftliche Genossenschaften gestartet. Und das Vereinigte Königreich (UK), die Alliance for a Green Revolution in Africa (AGRA) und die Afrikanische Union (AU) haben ein Handelsprogramm in der Höhe von 6,7 Millionen US-Dollar angekündigt.

Doch wie viel von den Vorhaben tatsächlich bei den Gründer*innen tatsächlich ankommt, bleibt unklar. „Wir kennen dieses Muster schon früher: Große Versprechen auf dem Gipfel, aber wenig Klarheit oder Nachverfolgung darüber, wie viel davon tatsächlich bei Jugendlichen und Kleinbauern ankommt – dem Rückgrat der afrikanischen Nahrungsmittelproduktion“, beklagt Famara Diédhiou, Programmmanagerin für Nahrungsmittelsysteme in einem zivilgesellschaftlichen Netzwerk im Senegal.

So endete das Forum in Dakar zwar mit viel Symbolik, aber mit wenig harten Zahlen. Junge Unternehmer*innen wie Wambui oder Kisanga bleiben gefordert, Sichtbarkeit und Netzwerke selbst zu schaffen. „Jede Sichtbarkeit ist Geld“, sagt Kisanga. „So überlebt man.“ (Ende)

Titelbild: Winnie Wambui beim Africa Food Systems Forum in Dakar (Foto: Chemtai Kirui/IPS)