Von Joshua Kyalimpa | 29. September 2014
Kampala (IPS/afr). Seit einigen Jahren beobachtet Cassius Ntege, ein Fischer aus dem Dorf Kasenyi an der ugandischen Seite des Victoriasees, wie der Wasserpegel des Gewässers immer weiter sinkt. Und als einer von vielen, die ihren Lebensunterhalt mit Fisch bestreiten, ist er besorgt. Experten prognostizieren: Durch den Klimawandel verringern sich die Niederschläge am See um ein Fünftel.
Wie Ntege gegenüber IPS erklärt, hat er seinen ersten Fisch bereits im Teenageralter gefangen. Inzwischen ist er Vizevorsitzender der Strandverwaltungseinheit – einem Regierungsgremium, das gegen illegale Fischerei und die Vernichtung der Fischbestände in dem ostafrikanischen Gewässer vorgeht.
Der inzwischen bereitet ihm der abnehmende Wasserstand den größten Anlass zur Sorge. „Schauen Sie dort, wo der Holzkiosk steht. Was einst Teil des Sees war, ist nun Land, auf dem die Händler ihre Verkaufsstände aufgebaut haben“, berichtet er und zeigt auf Holz- und Metallaufbauten. Es gibt viele Menschen, die an der Seeseite von Kasenyi, rund 30 Kilometer von der Landeshauptstadt Kampala entfernt, Handel treiben. Für sie bedeutet der Wasserschwund mehr Fläche für Ladenlokale.
Weniger Regen für den Victoriasee
Ntege führt wie viele Fischer vor Ort das Absinken des Wasserspiegels auf ein Phänomen zurück, das lokal „Muguundu“ genannt wird. Gemeint sind die ablandigen Winde. Doch der fünfte Klimabericht des Klimarats IPCC hat eine andere Erklärung. Er verweist auf die sich verändernden Niederschlagsmuster infolge der Klimaerwärmung.
Professor Hannes Rautenbach von der Universität von Pretoria und einer der Autoren des Berichts, erläuterte gegenüber IPS, dass die Temperaturen in den kommenden 50 Jahren um zwei Grad und in 80 Jahren um 2,5 Grad Celsius ansteigen könnten. Dadurch würden sich die Niederschlagsmuster über Afrikas größtem Frischwassersee, den sich die Länder Kenia, Tansania und Uganda teilen, verändern.
„Der Anstieg der Oberflächentemperaturen in verschiedenen tropischen Meeren nimmt großen Einfluss auf die jährliche Niederschlagsmenge und das Niederschlagstiming“, erklärte er. „Eine Veränderung der jährlichen Niederschlagsmenge von plus/minus zehn Prozent mag zwar nicht wirklich kritisch erscheinen, doch kann sie gravierende Auswirkungen haben.“
Wie er weiter berichtete, wird sich der Niederschlagsgürtel oberhalb von Uganda aller Voraussicht nach in die nordwestlichen und westlichen Regionen verlagern, die bisher nur wenig Regen abbekommen haben. Dort wird es dann untypischerweise mehr regnen als im Einzugsgebiet des Victoriasees.
Auf den Victoriasee, der bisher mit großen Niederschlagsmengen verwöhnt worden ist, kommt ein Rückgang um 20 Prozent zu. Dieser Trend und die Verdunstung aufgrund des erwarteten Temperaturanstiegs von einem Grad Celsius oberhalb des Victoriasees, werden einen sehr baldigen Abfall des Seepegels bewirken.
Erwartet wird ferner, dass sich die Niederschlagsmuster in ganz Ostafrika verändern. So geht man davon aus, dass die Regenmenge in der kurzen Regenzeit zwischen September und November an Intensität zulegen und sich die längere Regenzeit von März bis Mai verkürzen wird – Entwicklungen, die besonders für die Bauern in den Kaffee-, Tee-, Baumwoll- und Maisanbaugebieten negative Folgen haben.
Youba Sokona, Vorsitzender der Arbeitsgruppe III des Weltklimarats, die sich mit den möglichen Schadensminimierungsmöglichkeiten befasst, empfiehlt der ugandischen Regierung, stärker in die Erforschung klimaresistenterer Varietäten zu investieren. „Feldfrüchte, wie wir sie heute kennen, können den klimatischen Veränderungen nicht standhalten. Somit haben Uganda und andere ostafrikanische Staaten gar keine andere Wahl, als im Wettlauf mit der Zeit die Erforschung neuer Arten voranzutreiben“, meinte er.
Widerstandsfähige Nutzpflanzen und -tiere
Die ugandische Regierung ist nach eigenen Angaben fest entschlossen, Strategien zu entwickeln, um die Auswirkungen des Klimawandels abzufedern. So berichtet Anuciata Hakuza, Regierungsbeamtin im Ministerium für Landwirtschaft, Tierindustrie und Fischerei, dass man sich derzeit mit hochgradig anpassungsfähigen und produktiven Anbauerzeugnissen, dürre-, überschwemmungs- und regenresistenten Neuzüchtungen und anpassungsfähigen und produktiven Nutztieren beschäftige.
Hakuza zufolge fördert die Regierung zudem die nachhaltige Bewirtschaftung der Weiden mit Hilfe eines integrierten Weidelandmanagementplans. Im Rahmen der nationalen Klimapolitik finanziere das Land zudem gemeindebasierte Klimaanpassungsstrategien.
Der international anerkannte ugandische Agrarexperte Chebet Maikut, Vorsitzender der Ugandischen Farmervereinigung (UNFFE), erklärte gegenüber IPS, dass auch an innovativen Versicherungssystemen und zinsniedrigen Kreditsystemen gearbeitet werde, die Bauern im Fall von Dürren, Krankheiten, Überschwemmungen und Klimawidrigkeiten gegen die Verluste ihrer Ernten und Nutztiere absichern sollen.
Uganda hat sich der Förderung der Bewässerungslandwirtschaft sowie der Verbesserung produktschonender Nachernteverfahren, der Speicherkapazitäten und Kommerzialisierung verschrieben, um die klimabedingten Verluste abzufedern und die Ernährungssicherheit und Haushaltseinkommen zu erhöhen.
Maikut zufolge bedarf es für die Umsetzung dieser Pläne umfangreicher Investitionen. Zusätzlich zu den Haushaltsgeldern, die Uganda bereitstellen will, sollen auch die Industriestaaten, die Verursacher des Klimawandels, ihren Beitrag leisten. (Ende)
Titelbild: Am Ufer des Victoriasees in Kasenyi in Uganda: Die Verkaufsstände stehen heute dort, wo früher noch Wasser war. (Foto: Joshua Kyalimpa/IPS)