Seit dem Auftreten des ersten Corona-Falls am 14. Februar 2020 in Ägypten verfolgen wir den Verlauf der Pandemie in Afrika. Initialzündung für das Informationsprojekt waren die widersprüchlichen Einschätzungen durch Expert*innen und Medien.
„Afrika muss aufwachen“ und „sich auf das Schlimmste vorbereiten“, warnte etwa WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus im März 2020. Paul Hunter von der University of East Anglia hingegen sagte in der Financial Times: „Ich denke, Afrika wird nicht annähernd so schwer unter der Pandemie leiden wie Europa oder Nordamerika.“
Zwei Aussagen, zwei unterschiedliche Auffassungen. Wie schlimm die Corona-Pandemie in Afrika werden würde – darüber herrschte Uneinigkeit. Die einen glaubten, dass Afrikas Erfahrung in der Seuchenbekämpfung, das tropische Klima und die junge Bevölkerung die Ausbreitung eindämmen werden. Andere meinten, dass uns die größte humanitäre Katastrophe der Geschichte bevorsteht: Bill Gates rechnete mit bis zu zehn Millionen Corona-Toten.
Führende deutsche Medien stimmten in das Untergangsszenario ein – unsere Analyse über die Afrika-Berichterstattung in den ersten Monaten der Pandemie finden Sie in der Zeitschrift Indaba (S. 12-13).
Mit unserer Corona-Seite wollen wir Ihnen einen Überblick über die Faktenlage geben, damit Sie die Entwicklung mitverfolgen können. Uns ist bewusst, dass die Dunkelziffer erheblich höher ist als die offiziell verlautbarten Zahlen.
Modellrechnung von The Lancet
Am 1. Juni 2022 veröffentlichte The Lancet Global Health eine neue Studie mit Modellrechnungen zum Verlauf der Pandemie in der Africa Region der WHO (47 Länder). Demnach wurde nur jede 71. Infektion offiziell erfasst.
Für die Jahre 2020 und 2021 ermittelte die Studie 505,6 Mio. Infektionen (276,8 Mio. für 2020; 228,8 Mio. für 2021). Die Zahl der Todesfälle wird mit 439.500 angegeben (84.620 für 2020; 354.880 für 2021).
Für 2022 prognostiziert die Studie 166,2 Mio. Infektionen bei deutlich weniger Todesfällen (22.563) als in den beiden Jahren zuvor.