Von Jeffrey Moyo | 4. März 2015
Harare (IPS/afr). Angesichts einer zunehmenden Industrialisierung und Privatisierung von Land verliert Afrika nach Angaben des Online-Nachrichtendienstes „Environmental News Network“ jedes Jahr 41.000 Quadratkilometer Wald. Das entspricht in etwa der Landesfläche der Schweiz. Mit kommerziellen Bambusplantagen soll der Verlust von Wäldern kompensiert werden.
Das UN-Umweltprogramm (UNEP) gibt den Schwund des afrikanischen Baumbestands mit jährlich mehr als vier Millionen Hektar an. Die Entwaldung in der Region erfolgt somit mehr als doppelt so schnell wie im Rest der Welt. Laut UNEP ist die Entwaldung für mindestens ein Fünftel aller weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.
Der Trend hat eine Diskussion über das Für und Wider ausgelöst, den Verlust der Wälder als natürliche CO2-Speicher mit dem kommerziellen Anbau von Bambus zu kompensieren. Bambus ist ein schnellwachsendes verholzendes Grasgewächs, das vor allem in den Tropen anzutreffen ist.
EcoPlanet Bamboo, ein multinationales Unternehmen, strebt die Ausweitung seiner Operationen in Afrika an. Kommerzielle Bambusplantagen könnten seiner Meinung nach dazu beitragen, den Druck auf die Primärwälder zu verringern. Die Firma operiert in Südafrika, Ghana und Nicaragua.
“In verödeten Gebieten kann Bambus, wenn nach den richtigen Nachhaltigkeitskriterien verfahren wird, eine wichtige Rolle spielen, um die hochgradig degradierten Ökosysteme zu erneuern, die verbliebenen Waldgebiete miteinander zu verbinden und den Druck auf die verbliebenen Baumbestände zu verringern“, versichert Troy Wiseman, Geschäftsführer von EcoPlanet Bamboo im IPS-Gespräch.
Bambusplantagen als Industriesenken
Happison Chikova, ein unabhängiger Umweltwissenschaftler, ist der Meinung, dass Bambuspflanzen den Kampf gegen den Klimawandel auf jeden Fall unterstützen könnten. „Sie speichern CO2 und lassen sich gleichzeitig als Bezugsquellen für Brenn- und Bauholz nutzen“, bekräftigt er. So könne der Holzbedarf in den Gemeinden stärker mit Bambus gedeckt und die Primärwälder geschont werden.
Doch gibt es eine Reihe kritischer Stimmen, die vor einem Ausverkauf der Ländereien und einer Verschiebung der landwirtschaftlichen Aktivitäten warnen, die Hungersnöte hervorrufen könnten. „Die Idee, Bambusplantagen anzulegen, ist an für sich gut. Doch könnten sie mit den Nahrungsmittelanbauflächen konkurrieren, was Nahrungsmittelengpässe nach sich ziehen könnte“, warnt Terry Mutsvanga, ein prominenter Menschenrechtsaktivist.
Auch Nnimmo Bassey, Leiter der Umweltstiftung „Health of Mother Earth Foundation“, hat Bedenken. „Niemand kann ernsthaft glauben, dass Bambusplantagen die richtige Antwort auf den Verlust unserer Wälder sind“, so der in Nigeria lebende Aktivist.
Wie er beklagt, werden Plantagen innerhalb des UN-Systems mit Wäldern gleichgesetzt. „Doch wohlwissend, dass Wälder artenreiche Ökosysteme sind, können Plantagen dem Vergleich mit Wäldern nicht standhalten.“
In Afrika gibt es viele Kleinbauern, die Bambus für unterschiedliche Zwecke kultivieren. Der Bambusverband der Frauen von Mount Selinda etwa, verschafft den Mitgliedern ein Zusatzeinkommen. Die Gruppe aus Naturschützerinnen in der ostsimbabwischen Grenzstadt Chipinge wird im Rahmen eines Förderprogramms vom Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) finanziell unterstützt.
Wie der IFAD betont, trägt Bambus zur Bekämpfung der ländlichen Armut bei, verschafft Frauen ein eigenes Einkommen und somit mehr Einfluss. Bambus ist ein vielfältig verwendbares Gewächs. Es kann beispielsweise zu Booten, Kücheneinrichtungen, Räucherstäbchen und Holzkohle verarbeitet werden. Außerdem trägt er zur Ernährungssicherheit von Mensch und Tier bei.
Derzeit verwandelt EcoPlanet Bamboo in Ghana im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft ein mehr als 2.000 Hektar großes Gebiet in eine Bambusplantage. In Südafrika in der Provinz Ostkap läuft derzeit ein Zertifizierungsprozess, durch den eine Ananas- in eine Bambusplantage umgewandelt werden soll. Aus dem Bambus sollen dann Kohle und Biokohle für den einheimischen und internationalen Markt hergestellt werden.
Verdrängungsprozess
Bassey zufolge kann somit nicht die Rede davon sein, dass es sich bei den Bambusanbauflächen um degradierte Brachen handelt. „Damit sich der kommerzielle Bambusanbau lohnt und auf das Holz der Primärwälder verzichtet werden kann, braucht man hunderte Hektar Land, was die Kleinbauern Afrikas beunruhigen sollte“, so der Experte.
Die Firma EcoPlanet Bamboo hingegen versichert, dass sie ihren Bambus ausschließlich auf Nicht-Agrar-Land ausbringen werde. „Wir werden degradiertes Land in zertifizierte Bambusplantagen umwandeln und ein funktionierendes Ökosystem daraus machen, das uns auf jährlicher Basis Zellulose liefert“, betont Wiseman.
Doch wie Umweltschützer Bassey, ehemaliger Gewinner des alternativen Friedensnobelpreises, erklärt, verheißt die Kontrolle afrikanischer Ressourcen durch ausländische Unternehmen oder Investoren nichts Gutes. „Es sind nicht die Armen, die Plantagen besitzen“, meint er. „Es sind Unternehmen und reiche Investoren mit starken wirtschaftlichen und bisweilen politischen Beziehungen. Für Kleinbauern kann dies die Vertreibung, den Verlust ihrer Ländereien und ihrer Lebensgrundlage bedeuten.“ (Ende)
Titelbild: Die zunehmende Industrialisierung und Privatisierung von Land ist dafür verantwortlich, dass Afrika jährlich Waldgebiete in der Größe der Schweiz verliert.