Von Robert Kibet | 3. Februar 2016
Njoro (afr/IPS). Maisanbau wird in Kenia immer mehr zu einem Verlustgeschäft. Klimawandel und Pflanzenkrankheiten haben die Erträge schrumpfen lassen. Viele Bauern sind daher dazu gezwungen, sich neue Einkommensquellen zu suchen. Ihre Hoffnung liegt dabei immer häufiger auf klimaresistenteren Pflanzen wie die Hass-Avocado.
Vor 60 Jahren habe sein Vater auf jeweils rund 4.000 Quadratmetern Land mehr als 30 Säcke Mais produziert, sagt der Farmer Peter Karanja. Inzwischen habe sich die Erntemenge auf etwa 15 Säcke halbiert. Er wisse kaum noch, wie er damit seine Familie ernähren solle.
In Kenia und anderen ostafrikanischen Ländern war der Maisanbau jahrelang ein wichtiger Pfeiler der Landwirtschaft. Der fortschreitende Klimawandel und Pflanzenkrankheiten wie Maize Lethal Necrosis Disease (MLND) haben die Bauern inzwischen aber hart getroffen.
Auch aus klimatischen Gründen sieht es für den Maisanbau in diesem Jahr kritisch aus. Im Bezirk Nakuru, wo Karanja lebt, wurde in diesem Jahr etwa die Hälfte der Ernte durch Frost und Regenmangel vernichtet.
Wie Tausende andere Farmer in Njoro, einem der wichtigsten Agrargebiete im Rift-Tal, will auch Karanja nur noch klimaresistentere Kulturen anbauen. Auf einer Farm in Thika lernte er bereits vor einiger Zeit, Setzlinge von Avocado-Bäumen zu veredeln. „Ich habe diese Technik erlernt, nachdem mein Arbeitgeber von einem Händler getäuscht worden war. Statt der Hass-Avocado-Setzlinge, die er haben wollte, wurde ihm eine andere Sorte verkauft.“
Hass-Avocados auf dem internationalen Markt begehrt
Rudolf Hass hat die nach ihm benannte Hass-Avocado erstmals 1926 in La Habra Heights in Kalifornien gezüchtet. Ihre Bäume tragen in der Regel viele Früchte, die es auf ein Gewicht von 200 bis 300 Gramm bringen. Die Avocados, die voll ausgereift eine violette Farbe annehmen, haben eine rauhe, unebene Schale und halten sich lange frisch. Daher sind sie auch für den internationalen Handel interessant.
Nachdem Karanja den Managerposten auf der Farm aufgegeben hatte und in seine Heimatregion zurückgekehrt war, beobachtete er, dass die sich weiter ausbreitende Krankheit MNLD die südliche Rift-Region in eine Hungerzone verwandelte. Auch mit dem Anbau von Kartoffeln hatte er kein Glück, weil er von Mittelsmännern übers Ohr gehauen wurde. Seither setzt er auf die Avocado-Zucht.
„Zurzeit habe ich etwa 400 ausgewachsene Hass-Avocado-Bäume auf meinem Landgut“, berichtet er. Bei der ersten Ernte wurden kürzlich etwa 3.000 Früchte gepflückt, die ihm ungefähr 198 US-Dollar einbrachten.
Etwa einen halben Kilometer von der Plantage entfernt liegt die Rusiru-Farm, deren Besitzer von Karanja Unterstützung beim Anbau von Hass-Avocados erhält. Der Verwalter Perminus Mwangi erklärt, dass der bisherige Maisanbau kaum etwas eingebracht habe. Die Avocados versprechen nun ein weitaus besseres Auskommen.“Vergangene Woche haben wir 6.300 Früchte gepflückt. Auf einem Markt in der Küstenstadt Mombasa konnten wir damit ingesamt etwa 886 Dollar verdienen“, sagt er.
Im vergangenen Jahr beschloss die kenianische Regierung, in Kooperation mit der Weltbank 1,4 Millionen Dollar zur Bekämpfung der Mais-Krankheit bereitzustellen, die bereits Ernten auf etwa 18.000 Hektar Fläche vernichtet hatte.
Millionen-Verluste im Maisanbau
Im Jahr 2012 ging das kenianische Institut für Agrarforschung davon aus, dass etwa 26.000 Hektar Maisanbaugebiete von der Krankheit befallen waren. Die geschätzten Verluste im Umfang von 650.000 Säcken wurden mit 18,7 Millionen Dollar beziffert.
Auf den drei Parzellen der Rusiru-Farm wachsen mittlerweile 1.038 Hass-Avocado-Bäume. Mwangi sieht diesen Anbau als die richtige Reaktion auf die Pflanzenkrankheit, die den Bauern hohe Verluste verursacht hatte.
Mehr als 70 Prozent der Familien in Afrika leben nach wie vor von Subsistenzlandwirtschaft. Der Agrarsektor trägt mehr als ein Fünftel zu dem Bruttoinlandsprodukt des Kontinents bei.
Johnson Irungu vom Landwirtschaftsministerium in Nairobi unterstützt Maßnahmen der Afrikanischen Union (AU) zum Ausbau des umfassenden regionalen Agrarentwicklungsprogramms CAADP, das ein jährliches Wachstum des Sektors um sechs Prozent bis Ende 2015 erreichen will.
Kleinbauern nicht ausreichend informiert
CAAPD-Direktor Augustin Wambo Yamdjeu kritisiert allerdings, dass in vielen afrikanischen Staaten Forschungseinrichtungen unabhängig vom Agrarministerium arbeiteten. Zudem würden Kleinbauern nicht ausreichend unterstützt. „Wir haben Grund zur Sorge, dass wichtige Informationen die kleinen Farmer nicht erreichen“, sagt Yamdjeu.
Mary Wanjiru, die während der Unruhen nach den Wahlen 2007 aus ihrem Haus in Nairobi vertrieben wurde, betreibt nun im Zentrum des Landes ebenfalls mit Erfolg Avocado-Anbau. „2008 pflanzte ich eine Hass-Varietät an. Im vierten Jahr begannen die Bäume Früchte zu tragen. Zwei Mal im Jahr kann ich nun ernten. Jeder Baum trägt pro Saison etwa 60 Avocados.“
Laut Statistik kann Wanjiru ihr Einkommen durch den Verkauf von Avocados mehr als verdoppeln. An der Maisernte, die sie einmal im Jahr auf einem Hektar Land einbringt, verdient sie nur mit viel Glück um die 960 Dollar. „Der Anbau von Avocados hat mir weitergeholfen“, sagt sie.
In den meisten Teilen Kenias, wo es zumeist windstill ist, sind die Bedingungen für die Hass-Avocado-Zucht ideal. Zu viel Wind führt dazu, dass Früchte abfallen und die Bäume ihre Blätter verlieren.
Kenianische Avocados könnten in Europa noch mehr Abnehmer finden, wenn die Transportinfrastruktur im Land besser wäre. Etwa 15 Prozent der Ernte gehen nach wie vor beim Transport von der Farm zum Importeur verloren.
Kenia ist bislang der sechstgrößte Avocado-Lieferant Europas. Gegenüber seinem größten Konkurrenten Peru hat das afrikanische Land einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil. Denn kenianische Hass-Avocados werden auch noch in Monaten geerntet, in denen Peru nicht mehr liefern kann. (Ende)
Titelbild: Peter Karanja züchte Avocado-Setzlinge und verteilt sie an Bauern. (Foto: Robert Kibet/IPS).