Von Kizito Makoye | 30. November 2016
Dar es Salaam (IDN/afr). Mwajuma Ramadhani lenkt ihr Taxi durch die pulsierenden Straßen des Stadtteils Kariakoo. Plötzlich schneidet sie ein Motorradfahrer. Ramadhani kann gerade noch nach rechts ausweichen und ihr Fahrzeug zum Stillstand bringen. „Du hättest einen Unfall verursacht, wenn ich nicht so vorsichtig gewesen wäre“, ruft sie dem Biker zu, während dieser sie perplex anstarrt.
„Provokationen wie diese erlebe ich fast jeden Tag“, beklagt Ramadhani. Dann schreit sie in Richtung des Motorradfahrers. „Ich ignoriere rücksichtslose Fahrer wie ihn. Nur weil eine Frau hinter dem Lenkrad sitzt, meint er, einen Vorteil zu haben.“ In der Millionenstadt Dar es Salaam ist die 41-jährige Taxifahrerin noch die Ausnahme im Personentransportgeschäft. Doch sie hofft, sich unter ihren männlichen Kollegen durchzusetzen und bald ihre eigene Chefin zu sein.
Frauen am Steuer sind in Dar es Salaam an und für sich nichts Außergewöhnliches mehr. Viele Frauen aus wohlhabendem Haus lenken ihr eigenes Auto durch die Straßen der Metropole. Doch etliche männliche Taxifahrer sind wenig begeistert, plötzlich weibliche Konkurrenz zu haben. An den Anbruch neuer Zeiten werden sie sich wohl aber gewöhnen müssen: Initiativen wie „Women on Wheels“ der Organisation Africa International wollen vermehrt Frauen zum Einstieg ins Transportwesen bringen, damit diese finanziell auf eigenen Beinen stehen können.
Zugang zu Krediten und Ausbildung
Denn obwohl Frauen unbestritten einen großen Beitrag zur Volkswirtschaft leisten – etwa in der Landwirtschaft oder als Geschäftsfrauen – sind sie nach laut UN-Angaben nach wie vor überproportional stark von Armut und Diskriminierung betroffen. Häufig erhalten Frauen in Tansania für ihre Tätigkeiten keine oder nur geringe Löhne.
Experten sind der Meinung, dass Investitionen in ihre Selbständigkeit Frauen in die Lage versetzen können, ihre Einkommenssituation nachhaltig zu verbessern. Das Projekt „Women on Wheels“ unterstützt Frauen in Tansania mit Kreditbürgschaften und Ausbildungsprogrammen dabei, als Taxiunternehmerinnen durchzustarten. Bislang waren viele Frauen aus Angst vor sexuellen Übergriffen oder Entführungen vor diesem Schritt zurückgeschreckt.
Martine Gabone ist die geschäftsführende Direktorin von Africa International. „Unser Training vermittelt Frauen das notwendige Rüstzeug für eine erfolgreiche Teilnahme am Markt für Personentransporte“, sagt Gabone und fügt hinzu. „Die Rolle von Frauen geht über das Kochen und die Obsorge für die Familie hinaus, sie verdienen ein besseres Einkommen.“
Die sechsmonatige Ausbildung, die von der staatlichen Verkehrsregulierungsbehörde SUMATRA koordiniert wird, hat bereits hunderte Teilnehmerinnen angezogen. Die Ausbildung erfolgt in Dar es Salaam.
Wer für den Beruf als Taxifahrerin für geeignet erachtet wird, erhält Zugang zu Bankkrediten für den Ankauf eines eigenen Fahrzeugs. Africa International agiert dabei als Bürge für die Kredite von lokalen Geschäftsbanken. „Wir werden dafür sorgen, dass jede Frau, die unsere Kriterien erfüllt, Zugang zu diesen Darlehen hat und ihr eigenes Geschäft aufbauen kann“, betont Gabone.
Neue Technologien sorgen für mehr Sicherheit
Für Richard Kivura, der „Women on Wheels“ berät, sind Frauen ohnehin die besseren Taxilenker. „Sie beachten die Verkehrsregeln immer und verursachen weniger Unfälle“, so Kivura. Neben Grundkursen in Mechanik und Navigation stehen auch Selbstverteidigung, Recht und Kommunikation im Mittelpunkt des Ausbildungsprogramms.
Kivura verweist auch auf eine ähnliche Initiative in Nigeria, der es gelungen sei, Frauen zu einem lukrativen Einkommen im Transportsektor zu verhelfen. Neue Technologien würden die Vorhaben dabei unterstützen: Taxi-Apps wie Uber bieten Sicherheitsfeatures an, die Frauen vor Gewaltverbrechen schützen. So sind durch die zwingende Kundenregistrierung keine anonymen Abholungen möglich.
Noch sind viele Fahrgäste irritiert, wenn sie in das Taxi von Mwajuma Ramadhani steigen. „Die Leute fragen, wie in aller Welt ich bloß Taxifahrerin werden konnte“, erzählt sie. „Ich antworte darauf bloß, dass es meine Leidenschaft ist.“ (Ende)
IDN ist die Flaggschiff-Agentur des International Press Syndicate.
Titelbild: Mwajuma Ramadhani ist eine der ersten Taxifahrerinnen in Dar es Salaam. (Foto: Asha Ramadhani/IDN)