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Simbabwe: Der hohe Preis der Altkleiderflut

Von Farai Shawn Matiashe | 4. November 2025

Mutare (IPS/afr). Auf dem beliebten Second-Hand-Markt in Sakubva, einem dicht besiedelten Vorort der Stadt Mutare im Osten von Simbabwe, betreibt Shamiso Marambanyika einen kleinen Laden. „Die kann ich dir für fünf Dollar geben“, sagt sie zu einem Mann, der sich für eine Jeans interessiert.

Marambanyika ist 38 Jahre alt und Mutter von drei Kindern. In ihrem Sortiment finden sich vor allem gebrauchte Markenstücke von Labels wie Marks & Spencer oder Levi’s. Diese Kleidung wurde ursprünglich in westlichen Ländern entsorgt, nach Afrika verschifft und schließlich über Mutare nach Simbabwe geschmuggelt.

Die illegal importierten Kleidungsstücke sind günstig – auf dem Markt in Sakubva bekommt man drei T-Shirts für nur einen US-Dollar. Doch der Preisvorteil hat eine Schattenseite: Die lokale Textilindustrie gerät zunehmend unter Druck, viele Traditionsunternehmen stehen vor dem Aus.

Ein Traditionsunternehmen am Ende: der Fall Truworths

Ein Beispiel ist die Modekette Truworths Zimbabwe, gegründet 1957. In ihren besten Zeiten um die Jahrtausendwende betrieb das Unternehmen 101 Filialen im ganzen Land. Doch ab 2010 geriet Simbabwe in eine wirtschaftliche Schieflage: Währungschaos, eine hohe Verschuldung, Lieferengpässe und die zunehmende Second-Hand-Konkurrenz führten zum Niedergang.

2024 waren nur noch 26 Filialen übrig. Schließlich folgte die Insolvenz. Im Spätherbst 2024 übernahm ein Konsortium die Firma zu einem symbolischen Kaufpreis von einem US-Dollar. Im Juli 2025 wurde Truworths Zimbabwe von der Börse genommen.

Geschäftsführer Bekithemba Ndebele bestätigte gegenüber IPS, dass das Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen verkauft werden musste, wollte aber keine weiteren Einzelheiten nennen. Bereits im Vorjahr hatte er in der Wochenzeitung „The Zimbabwe Independent“ scharfe Kritik geübt: „Unser Land ist zu einer Mülldeponie für Altkleider geworden. Was Sie hier sehen, ist das Verschleudern von Second-Hand-Ware zu lächerlichen Preisen – oft unter den Herstellungskosten.“

Überleben auf dem Sakubva-Markt

Auf dem Markt in Sakubva gibt es über 1.000 Verkaufsstände, viele davon mit Second-Hand-Ware. Die hohe Nachfrage erklärt sich aus der weit verbreiteten Armut im Land.

Der Journalist und Menschenrechtler Rashweat Mukundu bringt das Dilemma auf den Punkt: „Viele Menschen haben keine andere Wahl, als Second-Hand-Kleidung zu kaufen, weil sie sich neue Kleidung aus dem regulären Einzelhandel einfach nicht leisten können.“ Im Laden kostet eine Jeans mindestens 20 US-Dollar.

Händlerin Shamiso Marambanyika stammt aus einem Dorf im Bezirk Buhera in der Provinz Manicaland im Osten Simbabwes. Nachdem sie vergeblich nach Arbeit gesucht hatte, begann sie 2023 mit dem Handel von Second-Hand-Kleidung.

Alle zwei Wochen kauft sie von einem Zwischenhändler aus Mosambik einen 45 Kilogramm schweren Ballen mit rund 100 gebrauchten Jeans aus westlichen Ländern – für etwa 115 US-Dollar. „Die Preise variieren je nach Qualität der Jeans“, erklärt sie. Nach Abzug der Standgebühren, die bei 22 US-Dollar im Monat liegen, bleiben ihr im Schnitt 55 US-Dollar Gewinn.

Lokaler Designer im Existenzkampf

Der Modedesigner Anesu Mugabe, Geschäftsführer von Mugga Clothing in Harare, stellt Arbeitskleidung und moderne Streetwear her. Für lokale Produzent*innen sei es unmöglich, mit den Preisen der Second-Hand-Konkurrenz mitzuhalten, sagt er.

„Man kann eine gebrauchte Jeans für zwei US-Dollar kaufen“, zürnt Mugabe. „Das hat bei uns zu erheblichen Umsatzrückgängen geführt. Viele Betriebe mussten ihre Produktion verkleinern oder ganz schließen.“ Sein Unternehmen habe sich als Überlebensstrategie auf Firmenbekleidung spezialisiert.

Ein Verbot mit Folgen, aber ohne Lösung

Um die heimische Textilindustrie zu schützen, verhängte Simbabwe 2015 ein Importverbot für Second-Hand-Kleidung. Doch das Verbot ließ sich kaum durchsetzen und stieß auf Widerstand von Händler*innen, deren Einkommen davon abhingen. 2017 wurde es daher durch Importzölle ersetzt – ohne Erfolg: Der Schmuggel florierte weiter.

Im August 2025 untersagte die Regierung den Verkauf von Second-Hand-Waren auf Nachtmärkten und in zentralen Geschäftsbezirken von Städten wie Harare. Kommunalminister Daniel Garwe begründete den Schritt damit, dass der Handel mit Gebrauchtware steuerzahlende Unternehmen schädige. Das Verbot führte zu heftigen Protesten von Straßenhändler*innen.

Shamiso Marambanyika verkauft auf dem Markt in Sakubva dennoch weiter. Von ihrem Einkommen bezahlt sie die Schulgebühren ihrer drei Kinder. Sollte die Regierung Strafen eintreiben, sieht sie keine Zukunft: „Dann werde ich das Geschäft schließen und in mein Dorf zurückkehren.“ (Ende)

Titelbild: Auf dem Markt von Sakubva in Mutare gibt es westliche Second-Hand-Kleidung in Hülle und Fülle. (Foto: Farai Shawn Matiashe/IPS)