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Gefährliche Luftverschmutzung in Dar es Salaam

Von Kizito Makoye | 6. Oktober 2025

Dar es Salaam (IPS/afr). Ein heißer Nachmittag in Kariakoo, dem geschäftigen Markt der tansanischen Wirtschaftsmetropole Dar es Salaam. In der Luft liegt eine stickige Mischung aus Dieselabgasen, Holzkohlerauch und Staub. Händler*innen binden sich Tücher vor die Nase, um ihre Atemwege zu schützen.

„Es gibt einfach zu viele Autos – der giftige Rauch macht das Atmen schwer“, sagt der Gemüsehändler Abdul Hassan, der seit 19 Jahren in Kariakoo arbeitet. Eine neue Studie des Dar es Salaam Institute of Technology und des Stockholm Environment Institute bestätigt, was viele Stadtbewohner*innen längst wissen: Die Luft in der tansanischen Küstenmetropole ist ungesund.

Mit über sieben Millionen Einwohner*innen zählt Dar es Salaam zu den am schnellsten wachsenden Städten Afrikas. Daten von 14 Überwachungsstationen zeigen, dass die Feinstaubkonzentrationen in der Metropole durchwegs die Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) überschreiten. Für PM2,5 – das sind Partikel mit einem maximalen Durchmesser von 2,5 Mikrometern – liegt der empfohlene Richtwert bei 15 Mikrogramm je Kubikmeter (µg/m³) im Tagesmittel. Bei größeren Partikeln bis zehn Mikrometer Durchmesser (PM10) gilt ein Richtwert von 45 µg/m³.

In Dar es Salaam ist man von diesen Richtwerten meilenweit entfernt. Zu Spitzenzeiten erreichten die täglichen PM2,5-Werte 130 µg/m³ – mehr als das Achtfache der WHO-Empfehlung. Die entsprechenden PM10-Werte waren mit 184 µg/m³ viermal höher als die Richtwerte der WHO.

„Luftverschmutzung ist kein unsichtbares Problem – man kann sie riechen und in der Lunge spüren“, sagt die Straßenköchin Neema John, die in der Nähe des Marktes arbeitet. „Meine Kinder husten die ganze Nacht, wenn der Rauch von brennenden Müllhalden in unser Haus zieht.“

Spitzenwerte bei der Mülldeponie

Einen Sonderfall stellt die Mülldeponie Pugu Kinyamwezi dar, die etwa 25 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Während einer monatelang unkontrollierten Müllverbrennung wurden hier Feinstaubkonzentrationen mit einem PM25- Wert von 1.008 µg/m³ bzw. einen PM10-Wert von 2.762 µg/m³ gemessen – beide Werte lagen damit mehr als 60-mal höher als die WHO-Empfehlung.

Die Mülldeponie von Pugu Kinyamwezi in Dar es Salaam ist die größte des Landes. Hier werden Spitzenwerte durch die Belastung mit Feinstaub verzeichnet. (Foto: Diego Puente, Flickr, CC BY 2.0)

Deutliche Unterschiede machte die Studie zwischen Wohngegenden, Verkehrsknotenpunkten und Industriezonen aus. In den Stadtbezirken Ilala und Kinondoni, wo sich Fabriken und zentrale Kreuzungen befinden, liegt die Belastung durch Feinstaub konstant höher als im vergleichsweise ruhigen Stadtbezirk Kinondoni. Auch die Tageszeit spielt für die Feinstaubbelastung eine Rolle – besonders während der Stoßzeiten am Vormittag und in den Abendstunden steigt die Luftverschmutzung stark an.

Doch das Problem liegt nicht nur in der Müllverbrennung, im Verkehr und in der Industrie. Laut der Studie wird in der Millionenmetropole Dar es Salaam jährlich fast die Hälfte der gesamten Holzkohle Tansanias verbraucht. Da nur 34 Prozent des Stroms des Landes aus sauberer Wasserkraft stammen, sind die meisten Haushalte auf Holzkohle und Brennholz angewiesen.

„Für Familien ist Holzkohle günstiger und leichter zugänglich, aber der Rauch füllt die Häuser mit giftigen Partikeln“, erzählt Fatma Suleiman, die im dicht besiedelten Vorort Mbagala lebt. „Wir wissen, dass es gefährlich ist, aber es ist unsere einzige Möglichkeit, preiswert zu kochen.“

„Notfall für die öffentliche Gesundheit“

Gesundheitsexpert*innen warnen, dass eine hohe Feinstaubbelastung zu schwerwiegenden Erkrankungen wie Asthma, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und Herzversagen führen kann. Laut WHO sind Infektionen der unteren Atemwege die häufigste Todesursache in dem ostafrikanischen Land.

„Dies ist ein offenkundiger Notfall im Bereich der öffentlichen Gesundheit“, meint Linus Chuwa, ein in Dar es Salaam ansässiger Spezialist für Public Health. „Wenn die PM2,5-Werte die WHO-Standards so stark überschreiten, kann das der Gesundheit der Menschen langfristig schaden.“

Jacqueline Senyagwa, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Stockholm Environment Institute und Mitautorin der Studie, sieht dringenden Handlungsbedarf. Was ihrer Meinung nach fehlt, ist vor allem ein solider nationaler Rahmen zur Überwachung der Luftqualität.

In der Öffentlichkeit und auch bei politischen Entscheidungsträger*innen fehle es jedoch am Bewusstsein für die gesundheitlichen Risiken der Luftverschmutzung, erklärt die Wissenschaftlerin: „Feste Abfälle sind sichtbar, und die Menschen fordern Maßnahmen. Luftverschmutzung hingegen ist unsichtbar, und ihre Auswirkungen zeigen sich erst nach Jahren – deshalb wird oft zu spät reagiert.“

Zuverlässige Daten gefordert

Auch die mangelnden technischen Kapazitäten und Ressourcen stellen eine Herausforderung dar. „In Tansania gibt es nur sehr wenige Expert*innen für Luftqualität, und die meisten Überwachungsgeräte müssen importiert werden“, so Senyagwa. „Einrichtungen wie das Dar es Salaam Institute of Technology haben erst vor Kurzem mit der Herstellung lokaler Messgeräte begonnen.“

So verwundert es nicht, dass die 14 für die Studie errichteten Stationen zur Messung der Luftqualität die ersten im Land sind. Senyagwa drängt auf die Installierung weiterer Anlagen: „Ohne zuverlässige Daten unterschätzen viele Entscheidungsträger*innen das Ausmaß des Problems“, ist sie überzeugt.

Das Schnellbussystem von Dar es Salaam trägt zur Reduzierung des Individualverkehrs und damit der Emissionen bei (Foto: Martin Sturmer/afrika.info)

Zugleich verweist Senyagwa auf mögliche praktische Lösungsansätze. Dazu zählt etwa der Ausbau des öffentlichen Verkehrs in der Millionenstadt. Ein Beispiel sei das Rapid-Transit-System: Die Schnellbusse, die seit 2016 auf eigenen Spuren verkehren, befördern im Schnitt 165.000 Fahrgäste pro Tag. Für Senyagwa ist dies ein Beleg dafür, dass der Individualverkehr und damit die Emissionen reduziert werden können.

Sorge um die Kinder

Zurück nach Kariakoo: In der Congo Street drängen sich tausende Marktbesucher*innen durch ein Labyrinth aus Holzbuden. Viele sorgen sich wegen der schlechten Luftqualität besonders um ihre Kinder. 

Mwanaidi Salum, Mutter von drei Kindern, klagt: „Man atmet Rauch, Staub und sogar den Gestank des Mülls ein, der scheinbar nie abgeholt wird. Wenn ich mir die Nase putze, kommt es ganz schwarz heraus.“

Gemüsehändler Abdul Hassan stimmt ihr zu: „Wir können unsere Kinder nicht weiterhin in einer Umgebung großziehen, in der jeder Atemzug gefährlich ist.“ (Ende)

Titelbild: Kariakoo ist der größte Markt in Tansania. (Foto: Kizito Makoye/IPS)