Von Farai Shawn Matiashe | 3. Juli 2025
Kakuma (IPS/afr). Der aus Südamerika importierte Mathenge-Baum sollte einst die Wüstenbildung in Kenia stoppen. Heute gilt der Strauchbaum als Unkraut. Das harte Mathenge-Holz bietet aber auch Chancen: Schülerinnen fertigen daraus einfache Stühle.
Unter der sengenden Sonne im Turkana County im Norden Kenias arbeitet die 16-jährige Schülerin Char Tito an einem neuen Stuhl. Das Holz dafür stammt vom ungeliebten Mesquitebaum, der in Kenia Mathenge genannt wird.
Der Mesquitebaum (Neltuma juliflora, früher Prosopis juliflora) wurde 1948 von Südamerika nach Kenia importiert, um die Wüstenbildung in trockenen Regionen zu bekämpfen. In den 1970er-Jahre verbreitete sich die Pflanze stark in ganz Ostafrika und gilt heute vielerorts als Plage.

In Kenia hat der Mathenge laut Kenya Forestry Research Institute (KEFRI) bereits zwei Millionen Hektar in Kenia erobert. Um die Ausdehnung zu beherrschen, hat die Regierung die Pflanze 2008 zum schädlichen Unkraut erklärt. In der Folge wurden Gesetze verabschiedet, welche die Bevölkerung dazu verpflichten, einen Befall zu beseitigen oder ihn zu melden, wenn dieser nicht mehr beherrschbar ist.
Die Maßnahmen haben sich allerdings bislang nicht wenig zielführend erwiesen: Der Mathenge breitet sich weiter rasant aus, sein Bestand nimmt jährlich um 15 Prozent zu.
Verletzte Tiere und erschöpfte Böden
Für die Bevölkerung im Turkana County wird der Mathenge immer mehr zum Albtraum: Ziegen verletzen sich häufig an den scharfen Dornen. Die zuckerhaltigen Schoten führen bei den Tieren zu Zahnausfall, Infektionen oder Vergiftungen.
Auch die Böden leiden zunehmend unter der Pflanze. Die Wurzeln des Mathenge reichen bis zu 35 Meter in die Erde. Der hohe Wasserbedarf beschleunigt die Erschöpfung der Böden.
Darüber hinaus ist die Biodiversität gefährdet: Unter dem Dickicht des Mathenge können keine anderen Pflanzen gedeihen, einheimische Arten werden zunehmend verdrängt.
Erwerbschancen für Mädchen im Flüchtlingslager
Es gibt aber auch Initiativen, das Holz zu verwerten und Einkommen für junge Menschen zu generieren. Im Kakuma-Flüchtlingslager hat die Organisation Girl Child Network das Projekt “Green Youth 360” implementiert. Dieses soll junge Mädchen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren befähigen, aus den Herausforderungen des Klimawandels neue Einkommensquellen zu erschließen. Diese „Green Skills“ werden in Zusammenarbeit mit örtlichen Schulen vermittelt.
Char Tito ist Schülerin an der Kakuma Arid Zone Secondary School. Im Projekt hat sie gelernt, aus dem Hartholz einfache Stühle herzustellen. „Plastiksessel sind sehr teuer”, sagt Tito. “Mathenge wächst aber überall und ist frei verfügbar.“

Die Teenagerin ist 2017 aus dem Südsudan geflüchtet und lebt im Kakuma Refugee Camp. Aus dem Lager, das 1992 eigentlich als temporäre Zuflucht gegründet worden war, ist eine dauerhafte Siedlung mit über 220.000 Flüchtlingen geworden.
Char Tito erzählt, wie das Projekt das Verhalten von Schülerinnen verändert hat: „Früher haben wir den Mathenge-Baum als Brennholz verwendet. Erst hier in der Schule habe ich gelernt, dass man daraus auch Stühle machen kann.“
Tito plant, ihre selbstgebauten Stühle bald in Kakuma zu verkaufen. Ihr Traum ist aber, Ärztin zu werden. „Als Mädchen bin ich stolz auf mich”, sagt sie. “Ich trage zum Schutz der Umwelt bei und baue damit auch meine Zukunft auf.“ (Ende)
Titelbild: Die Schülerinnen Magdalene Ngimoe und Char Tito haben gelernt, aus dem Mathenge-Baum Stühle herzustellen. (Foto: Farai Shawn Matiashe/IPS)