Von Kizito Makoye | 22. Mai 2025
Dar es Salaam (IPS/afr). Unter der sengenden Sonne in Geita im Nordwesten von Tansania wischt sich Neema Mushi den staubverkrusteten Schweiß aus dem Gesicht. Dann rammt sie erneut ihre Spitzhacke in die Erde. Eine Staubwolke steigt auf und bedeckt ihre zerschlissene Kleidung – doch das stört sie kaum.
Seit acht Jahren gräbt und siebt sie im männderdominierten Goldabbaugebiet von Geita, immer in der Hoffnung auf einen Fund. Es ist ein Knochenjob – mühsam und voller Hürden. „Ich will selbst eine Mine besitzen“, sagt Mushi. „Aber in dieser Branche werden Frauen bei Landrechten einfach übergangen.“
Trotz harter Arbeit über viele Jahre hinweg leben Frauen wie Neema Mushi am Rande des Existenzminimums. Sie erzählt, dass sie eines Abends einen kleinen Goldsplitter entdeckt hatte. Doch bevor sie ihn einstecken konnte, tauchte ein männlicher Minenarbeiter auf. „Das ist mein Platz“, knurrte er sie an und riss ihr den Fund aus der Hand. Mushi weiß: In einem System, das nicht für Frauen wie sie gedacht ist, hat sie keine Chance.
Einmal versuchte sie, ein Abbaugebiet auf ihren Namen registrieren zu lassen. Der Beamte im örtlichen Büro blickte kaum von seinen Papieren auf. „Sie brauchen die Zustimmung Ihres Mannes“, murmelte er. Mushi zögerte – sie hat keinen Mann, aber drei Kinder zu ernähren. „Dann suchen Sie sich einen männlichen Partner“, meinte der Beamte und wies sie ab.
Erst durch den Beitritt zur Frauenkooperative „Umoja wa Wanawake Wachimbaji“ – auf Deutsch „Vereinigung der Minenarbeiterinnen“ – konnte Mushi die Schulgebühren für ihre Kinder bezahlen. Heute sieht sie sie mit sauberen Uniformen zur Schule gehen – und hat mehr als nur Gold gefunden: Hoffnung.
Patriarchale Strukturen zerschlagen
Tansania ist der viertgrößte Goldproduzent Afrikas, der Bergbau trägt rund zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Zwischen einer und zwei Millionen Menschen arbeiten im kleingewerblichen und handwerklichen Bergbau – immerhin ein Drittel davon sind Frauen. Doch trotz ihrer Zahl kämpfen sie um Anerkennung, werden vom Landbesitz ausgeschlossen, erhalten kaum Kredite und erfahren Diskriminierung in einem von Männern dominierten Umfeld.
Jahrelang arbeitete Mushi informell am Rande lizenzierter Minen, wo sie in aussortierten Steinen nach Gold suchte. Ohne eigene Lizenz war sie auf Zwischenhändler angewiesen, die ihr das Gold zu Dumpingpreisen abkauften. „Wenn du kein eigenes Abbaugebiet hast, bist du ihnen ausgeliefert“, sagt sie. „Sie können dich jederzeit vertreiben.“
Zwar erlaubt das tansanische Bergbaugesetz Frauen theoretisch den Besitz von Lizenzen, doch in der Praxis gelingt dies nur wenigen. Die Verfahren sind komplex und teuer. „Die meisten Minengebiete gehen an Männer oder große Unternehmen“, erklärt Alpha Ntayomba, Bergbauaktivist und Direktor der NGO „Population and Development Initiative“ (PDI). „Frauen arbeiten meist auf geliehenem Land oder als Hilfskräfte auf fremden Claims.“

Hinzu kommen finanzielle Hürden. Der Bergbau erfordert Investitionen in Ausrüstung, Verarbeitung und oft auch Maschinen – doch Banken halten Frauen für nicht kreditwürdig und verweigern ihnen Darlehen. Das hält sie in einem Teufelskreis aus gefährlicher und schlecht bezahlter Arbeit gefangen.
„Frauen im handwerklichen Bergbau stehen ganz unten“, sagt Ntayomba. „Sie machen die härtesten Jobs, wie Steine zerschlagen und Erz in quecksilberverseuchtem Wasser waschen, verdienen aber am wenigsten und sind am stärksten gefährdet.“
Sexuelle Ausbeutung und Belästigung
Sexuelle Belästigung und Nötigung gehören für viele Minenarbeiterinnen zum Alltag. Wer in diesem Geschäft arbeitet, ist oft auf die Gunst männlicher Grubenbesitzer oder Zwischenhändler angewiesen – eine Machtasymmetrie, die Missbrauch begünstigt.
„Einige Frauen sind gezwungen, sexuelle Gefälligkeiten zu leisten, nur um an das Gold zu gelangen, das sie mit abbauen“, berichtet Ntayomba. „Sex wird so zur inoffiziellen Währung in der Branche.“
Viele Betroffene schweigen – aus Angst vor Kündigung oder Repressalien. Andere wissen nicht, wie sie sich juristisch wehren können. „Ich kenne Frauen, die entlassen wurden, weil sie die Annäherungsversuche von Mineneigentümern abgelehnt haben“, sagt Ntayomba. „Das System ist gegen sie, und der Mangel an rechtlichem Schutz verschärft die Lage.“
Gesundheitsrisiken durch Quecksilber
Auch die gesundheitlichen Risiken sind enorm. Viele Frauen waschen Gold mit bloßen Händen in Quecksilber – einem hochgiftigen Metall, das das Nervensystem schädigt und zu Fehlbildungen führen kann.
„Die meisten wissen gar nicht, wie gefährlich Quecksilber ist“, erzählt Ntayomba. „Sie mischen es mit den Händen und atmen die Dämpfe ein. Damit setzen sie sich selbst und ihre Kinder langfristigen Gesundheitsgefahren aus.“
Alpha Ntayomba fordert strengere Vorschriften, mehr Schulungen und sichere Arbeitsbedingungen. Seine Organisation setzt sich für bessere gesetzliche Regelungen, Schutzmaßnahmen und wirtschaftliche Teilhabe von Frauen ein.
„Die Regierung muss Frauen im Bergbau endlich als zentrale Akteurinnen anerkennen“, sagt er. „Dazu gehören rechtliche Absicherung, Sicherheitsstandards und Zugang zu eigenen Abbauflächen.“
Doch der Wandel geht nur schleppend voran. „Frauen im Bergbau verdienen Würde, faire Bezahlung und Schutz vor Ausbeutung“, bekräftigt Ntayomba. „Die Branche darf nicht weiter auf ihrem Leid fußen.“
Steine brechen, Barrieren überwinden
Um ihre Lage zu verbessern, gründeten Mushi und andere Frauen die Kooperative „Umoja wa Wanawake Wachimbaji“. Darin bündelten sie ihre Ressourcen und kämpften gemeinsam für eine eigene Lizenz. Mit Unterstützung der Tanzania Women Miners Association (TAWOMA) und staatlicher Förderprogramme für Unternehmerinnen erhielten sie schließlich ein kleines Abbaugebiet und investierten in bessere Ausrüstung.
„Wir mussten beweisen, dass wir dazugehören“, sagt Anna Mbwambo, Gründungsmitglied der Kooperative. „Zu lange galten Frauen im Bergbau nur als Helferinnen – nicht als eigenständige Minenarbeiterinnen.“
Für Mushi hat sich seither vieles zum Guten verändert. „Früher konnte ich kaum die Schulgebühren für meine Kinder aufbringen“, sagt sie. „Heute kann ich sparen – und habe sogar den Traum, mein Geschäft zu erweitern.“
Trotz anhaltender Herausforderungen bewegt sich etwas. Die staatliche Bergbaugesellschaft STAMICO schult Kleinbergleute in sicheren und effizienteren Abbaumethoden. Die Regierung hat zudem Goldankaufszentren eingerichtet, die für fairere Preise sorgen und die Abhängigkeit von ausbeuterischen Zwischenhändlern reduzieren.
Auch international wächst der Druck, Frauen im Bergbau stärker zu berücksichtigen. Die Weltbank fordert Reformen für mehr Geschlechtergerechtigkeit, die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) setzt sich für inklusive Richtlinien ein.
Hoffnung auf eine neue Zukunft
Neema Mushi blick auf das Land, das sie und ihre Kolleginnen nun gemeinsam besitzen. Es ist ein kleiner Claim – überschattet von großen, männergeführten Betrieben. Dennoch ist sie stolz.
„Ich will, dass meine Töchter sehen, dass Frauen alles erreichen können“, sagt sie. „Sie können arbeiten, besitzen – und erfolgreich sein.“
Sie greift zur Spitzhacke, ihre kräftigen Hiebe zerbersten das Gestein. Mit jedem Schlag kommt sie einer Zukunft näher, in der Frauen im Bergbau nicht nur überleben – sondern aufblühen. (Ende)
Titelbild: Minenarbeiterinnen in Tansania kämpfen um Anerkennung und gegen Diskriminierung in einem von Männern dominierten Sektor (Foto: Kizito Makoye/IPS)