Von Martin Sturmer | 9. April 2025
Salzburg (afr). Von 13. bis 15. Mai 2025 finden die 2. Afrika-Filmtage im Salzburger Filmkulturzentrum DAS KINO statt. Mit Filmen wie The Bride von Myriam Birara und Banel & Adama von Ramata-Toulaye Sy liegt der Schwerpunkt heuer auf dem Schaffen afrikanischer Regisseurinnen.
Die afrikanische Filmindustrie erlebt derzeit einen bemerkenswerten Aufschwung. Allein in Nigerias Traumfabrik „Nollywood“ werden pro Jahr mehr als 2.500 Filme produziert. Laut dem UNESCO-Bericht The African Film Industry hat die Branche das Potenzial, über 20 Millionen Arbeitsplätze auf dem Kontinent zu schaffen.
Frauen spielen in der afrikanischen Filmindustrie bislang nur eine Nebenrolle – im kontinentalen Schnitt ist lediglich ein Fünftel aller in der Branche beschäftigten Personen weiblich. Allerdings gibt es starke regionale Unterschiede. In der Region Zentralafrika, die Länder wie z. B. Kamerun, Tschad oder DR Kongo umfasst, liegt der Frauenanteil bei unter 10 %. Deutlich besser hingegen ist die Situation in der Region Südliches Afrika mit Staaten wie Botswana, Namibia oder Südafrika. Dort beträgt der Anteil an weiblichen Beschäftigten in der Filmindustrie mehr als 30 %.
Afrikanische Regisseurinnen vor den Vorhang
Die 2. Afrika-Filmtage in Salzburg, die vom Afro-Asiatischen Institut, der Nachrichtenagentur afrika.info und DAS KINO organisiert werden, holen heuer afrikanische Filmemacherinnen vor den Vorhang. „Regisseurinnen aus afrikanischen Ländern stehen völlig zu Unrecht im Schatten ihrer männlichen Kollegen“, sagt Elke Giacomozzi, Geschäftsführerin des Afro-Asiatischen Instituts in Salzburg. „Dabei können afrikanische Filmemacherinnen mit ihrer visionären Erzählweise und ihrer poetischen Filmsprache immer häufiger auch die Jurys großer Filmfestspiele wie in Cannes oder Berlin überzeugen.“
Zwei Spielfilmdebüts, die besonders hervorstechen, stehen im Mittelpunkt der Afrika-Filmtage: The Bride der ruandischen Filmemacherin Myriam Uwiragiye Birara und Banel & Adama der französisch-senegalesischen Regisseurin Ramata-Toulaye Sy.
Eine eindringliche Geschichte über Selbstbestimmung
The Bride (Ruanda 2023) ist das beeindruckende Debüt der ruandischen Regisseurin Myriam Uwiragiye Birara. Der Film feierte bei der Berlinale 2023 seine Weltpremiere und hat dort eine lobende Erwähnung für den GWFF Best First Feature Film Award erhalten.

Die Handlung von The Bride ist im Jahr 1997 angesiedelt – drei Jahre nach dem Genozid in Ruanda. Eine junge Frau namens Eva träumt davon, Medizin zu studieren. Ihre Pläne werden jedoch jäh unterbrochen: Im Zuge einer traditionellen Ehezeremonie namens „guterura“ wird sie von einer Gruppe Männer entführt und gezwungen zu heiraten. Im Stich gelassen von ihrer konservativen Familie, findet Eva Trost in der Freundschaft mit der Cousine ihres Ehemanns. Durch diese Beziehung entdeckt sie die traumatische Vergangenheit der Familie und steht vor der Entscheidung, zu bleiben oder zu fliehen.
Publikumsgespräch mit Regisseurin Myriam Birara
„Biraras inszenatorische Präzision und die subtile, aber kraftvolle Darstellung weiblicher Widerstandskraft machen The Bride zu einem Meilenstein im zeitgenössischen afrikanischen Kino“, erklärt Sigrid Gruber von DAS KINO. „Der Film bringt nicht nur soziale Missstände zur Sprache, sondern bietet auch eine Plattform für Frauen, ihre Geschichten selbst zu erzählen – ein wichtiger Schritt hin zu mehr Diversität und Gleichberechtigung in der Filmbranche.“

Nach dem 70-minütigen Film wird sich Regisseurin Myriam Uwiragiye Birara aus Ruanda zu einem Publikumsgespräch online zuschalten, das von Sharon Lagat, Mitglied des Filmbeirats der Afrika-Filmtage, moderiert wird.
Reflexion über Liebe und Tradition
Nicht weniger berührend ist Banel & Adama (Senegal, Mali, Frankreich 2023) der französisch-senegalesischen Regisseurin Ramata-Toulaye Sy. Der Film handelt von einem jungen Paar, das in einem abgelegenen Dorf im Norden Senegals lebt.

Die leidenschaftliche Liebe zwischen Banel und Adama steht im Widerspruch zu den traditionellen Erwartungen ihrer Gemeinschaft. Als Adama seine vorgesehene Rolle als Dorfoberhaupt ablehnt und Banel sich weigert, den konventionellen Pflichten einer Frau nachzukommen, geraten sie in Konflikt mit ihrer Umgebung. Die daraus resultierenden Spannungen führen zu unerwarteten und dramatischen Konsequenzen.
Sy inszeniert diese spannungsgeladene Geschichte in eindrucksvollen Bildern, die von der sengenden Hitze der Wüste und der stillen Schönheit der Landschaft durchzogen sind. Ihr Film feierte 2023 Premiere in Cannes und war für die Goldene Palme nominiert.
Weitere Meisterwerke aus dem Sudan, Madagaskar und der DR Kongo
Das Programm der Afrika-Filmtage 2025 bietet darüber hinaus drei weitere überzeugende Produktionen aus dem Sudan, der Demokratischen Republik Kongo und Madagaskar.
In Goodbye Julia (Sudan 2023) – dem Eröffnungsfilm der diesjährigen Afrika-Filmtage – erzählt Regisseur Mohamed Kordofani die auf tragische Weise miteinander verbundene Geschichte von zwei Frauen. Mona, eine muslimische Angehörige der gehobenen nordsudanesischen Mittelklasse, war vor ihrer Ehe eine bekannte Sängerin und führt nun eine glücklose Ehe mit ihrem Ehemann Akram. Nachdem beide den Tod eines christlichen Mannes aus dem Südsudan verursacht haben, versucht Mona, ihre Schuldgefühle zu kompensieren, indem sie Julia, die ahnungslose Witwe des Ermordeten, als ihre Hausgehilfin anstellt.

In Disco Afrika (Madagaskar 2023) begleitet der madegassische Regisseur Luck Razanajaona den 20-jährigen Kwame auf der Suche nach seiner Identität. Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, arbeitet Kwame in illegalen Saphirminen. Ein unerwartetes Ereignis zwingt ihn jedoch, in seine Heimatstadt zurückzukehren. Dort trifft er auf seine Mutter und alte Freunde und wird mit der allgegenwärtigen Korruption in seinem Land konfrontiert. Kwame steht vor der Entscheidung zwischen schnellem Geld und Loyalität, zwischen Individualismus und politischem Erwachen.

In seinem fesselnden Spielfilmdebüt Omen (DR Kongo, Belgien 2023) beleuchtet der belgisch-kongolesische Regisseur und bekannte Rapper Baloji eindrucksvoll den Konflikt zwischen modernen Lebensweisen und traditionellen Überzeugungen in der heutigen kongolesischen Gesellschaft. In Omen kehrt ein junger Mann namens Koffi nach Jahren in Belgien mit seiner schwangeren, weißen Verlobten Alice in seine Heimatstadt Kinshasa zurück. Dort hofft er auf eine Versöhnung mit seiner Familie. Doch alte Traditionen und tief verwurzelte Aberglauben stellen sich Koffi in den Weg, da er als „zabolo“ – ein vermeintlicher Zauberer – gebrandmarkt wurde.

Programmübersicht
Dienstag, 13. Mai 2025, DAS KINO
- 19:30 Uhr: Goodbye Julia (Sudan 2023)
120 Min., Arabisch mit Untertitel in Deutsch - Im Anschluss: Empfang mit Spezialitäten aus Äthiopien
Mittwoch, 14. Mai 2025, DAS KINO
- 18:00 Uhr: Disco Afrika (Madagaskar 2023)
81 Min., Malagasy mit Untertitel in Englisch - 20:00 Uhr: The Bride (Ruanda 2023)
73 Min., Kinyarwanda mit Untertitel in Englisch
Im Anschluss: Regiegespräch mit Myriam Uwiragiye Birara
Donnerstag, 15. Mai 2025, DAS KINO
- 18:00 Uhr: Omen (DR Kongo, Belgien 2023)
90 Min., Französisch, Swahili mit Untertitel in Deutsch - 20:00 Uhr: Banel & Adama (Senegal, Mali, Frankreich 2023)
87 Min., Pulaar mit Untertitel in Englisch
Filmauswahl durch breites Gremium an Expert*innen
Die Afrika-Filmtage werden von zahlreichen öffentlichen Einrichtungen, Organisationen und Unternehmen unterstützt: Land Salzburg, Stadt Salzburg, Pinto Africa, Österreichische Entwicklungszusammenarbeit, Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, Katholische Frauenbewegung, gendup – Universität Salzburg, Südwind Salzburg, SEI SO FREI, Referat Weltkirche der Erzdiözese Salzburg, EZA Fairer Handel GmbH, Afrika-Plattform
Bei der Auswahl der Filme wurden Expert*innen für das afrikanische Kino ebenso miteinbezogen wie Vertreter*innen der afrikanischen Diaspora in Österreich. Außerdem wirkten die Teams von Filminitiativ Köln e.V. und Afrikanische Filmtage München im Auswahlprozess mit. (Ende)
Weitere Informationen zum Programm der Afrika-Filmtage inklusive der Trailer gibt es auf der Website: https://afrikafilmtage.at.