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Benin: Kein Job nach dem Studium

Von Megan Fahrney I 14. November 2024

Cotonou (IPS/afr). Schweren Herzens verabschiedete sich Louis mit elf Jahren von seinem Elternhaus. Er verließ sein kleines Dorf im Norden Benins, um zu seinem Onkel nach Parakou zu ziehen. In der drittgrößten Stadt des Landes bekam Louis eine bessere Schulbildung. Doch bei der Arbeitssuche hat ihm das nicht genützt.

Louis ist heute 23 Jahre alt, hat einen Bachelor-Abschluss in Mathematik der staatlichen Université d’Abomey-Calavi (UAC) in der Tasche und spricht nahezu perfektes Englisch. Dennoch findet er keine Anstellung. Was also tun? “Hustle”, antwortet Louis und spielt damit auf die in den letzten Jahren populär gewordene “Hustle Culture” an. Darunter wird ein leistungsorientierter Lebensstil verstanden, der auf ständige Produktivität und unermüdliches Streben nach Erfolg ausgerichtet ist. 

Auf der Schattenseite dieser Arbeitsmentalität stehen Gesundheitsrisiken wie Burn Out und Gefahren der sozialen Vereinsamung, da das Privatleben häufig vernachlässigt wird. Kritisiert wird auch, dass die Hustle Culture Geldverdienen ohne moralen Kompass propagiert.

Vollen Einsatz will auch Louis an den Tag legen – für sein eigenes Unternehmen. Derzeit arbeitet er an der Gründung seiner Firma, die Programmierdienste anbieten wird. Gemeinsam mit seinem Team möchte Louis etwa Apps entwickeln, Websites erstellen und technische Probleme von Kunden lösen.  

„Es wird nicht leicht für mich, ein Startup zu gründen”, sagt Louis, “aber ich muss mir sagen, dass ich es schaffen kann. Ich werde alles tun, um es zu ermöglichen.”

Niedrige Abschlussquote

Louis ist längst ein Einzelfall. In Benin haben Hochschulabsolvent*innen große Schwierigkeiten, eine feste Anstellung zu finden. Gebildete junge Menschen nehmen stattdessen Gelegenheitsjobs an, gründen eigene Unternehmen oder bleiben von ihren Eltern abhängig. 

Laut UNESCO beginnen in Benin 15 Prozent der Männer und acht Prozent der Frauen eine tertiäre Ausbildung. Allerdings sind die Abschlussquoten gering: Im Studienjahr 2022/23 haben sich an der Université d’Abomey-Calavi (UAC) nahe der Haupstadt Cotonou 58.456 Studierende eingeschrieben, aber nur 6.614 Student*innen machten in diesem Studienjahr ihren Abschluss.

Christophe Aïnagnon studiert derzeit Englisch an der UAC. Er hat von einem naturwissenschaftlichen Studium umgesattelt, weil er nach zwei Jahren erkannt hatte, dass er auf dem Arbeitsmarkt chancenlos sein würde. Christophe erzählt, dass viele seiner Freunde ihr Studium ganz abgebrochen haben. Sie hatten erkannt, dass es sich nicht lohnen wird. Andere Freunde von ihm wiederum hätten ihr Studium zwar abgeschlossen, würden aber keine Arbeit finden.

Wie Louis hat auch Christophe sein eigenes Unternehmen gegründet, allerdings in einem völlig anderen Bereich: Er züchtet Kaninchen, um Geld zu verdienen. „Es ist die Art von Geschäft, durch das ich werden kann, wer ich sein möchte, und mein Leben in vollen Zügen genießen kann“, erzählt Christophe Aïnagnon.

Hohe Auswanderungsbereitschaft

Im September hat die Ichikowitz Family Foundation eine Studie veröffentlicht, die ergab, dass knapp 60 Prozent der jungen Afrikaner*innen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren in den nächsten drei Jahren auswandern wollen. Der Bericht befragte 5.604 Personen und wurde in 16 verschiedenen Ländern durchgeführt.

Der Traum von Louis ist es, in die USA auszuwandern. “Als Kind wollte ich am MIT studieren”, sagt er. Louis hat bereits mehrmals an der GreenCard-Lotterie teilgenommen, bislang allerdings ohne Erfolg.

Doch nicht alle Studierende wollen ins Ausland. Die Englischstudentin Mirabelle Awegnone etwa möchte in ihrer Heimat bleiben und Lehrerin werden. Auch sie denkt an die Selbständigkeit – für den Fall, dass es mit dem Lehrberuf nicht klappt. „Manchmal macht es mir Angst“, erzählt sie. „Ich frage mich selbst, wie ich in Zukunft einen Job bekommen kann. Ich bin ein schüchterner Mensch, daher ist es schwer für mich.“ (Ende)

Titelbild: Markt in Cotonou, Benin (Foto: Shutterstock.com, Omri Eliyahu)