Von Peace Oladipo | 22. April 2024
Omu-Aran (IPS/afr). Offene Feuerstellen kosten in Nigeria über 130.000 Menschen im Jahr das Leben. Einkommensschwachen Haushalten fehlt es aber an Alternativen: Nach rapiden Preissteigerungen ist Kochgas für viele kein Thema mehr.
Es ist ein sonniger Vormittag in der Stadt Omu-Aran im Bundesstaat Kwara im Westen Nigerias. Die 52-jährige Witwe Iyabo Sunday kocht Bohnen und Reis auf dem offenen Feuer. Nach einer starken Erhöhung der Strompreise hatte sie ihren Elektroherd zunächst gegen einen Gaskocher eingetauscht – aber auch dieser ist mittlerweile Geschichte. “Wegen der instabilen Wirtschaft bin ich wieder zu Brennholz zurückgekehrt”, sagt sie.
Ähnlich ergeht es der 41-jährigen Gastronomin Oyedele Christiana, die Fufu – eine Spezialität aus Maniok und Kochbananen – verkauft. Die Kochstelle in ihrer Kantine befeuert sie mit Brennholz, obwohl sie aus gesundheitlichen Gründen längst auf Gas umsteigen wollte: “Ich bin nicht so alt, wie ich aussehen, aber das kommt vom Kochen”, seufzt sie, „der Rauch reizt meine Augen und verursacht starken Husten.”
Seit dem Jahr 2022 haben sich die Preise für Kochgas in Nigeria mehr als verdoppelt. Ein Zylinder mit 12,5 Kilogramm Kochgas kostete vor zwei Jahren noch 7.413 Naira, das sind ca. 5,20 Euro. Heute liegt der Preis bei 16.875 Naira oder 11,80 Euro. Angesichts des gesetzlichen Mindestlohns von 30.000 Naira (21 Euro) pro Monat ist das eine enorme Summe. Der Grund für die Preissteigerung liegt vor allem im Wegfall der staatlichen Subventionen für Erdölprodukte.
Mehr COPD bei Frauen
Viele Haushalte in Nigeria können sich Kochgas schlicht nicht mehr leisten. Eine Untersuchung des nationalen Statistikamts zeigt, dass 63 Prozent der Bevölkerung zum Kochen Abfälle, Brennholz oder Holzkohle verwenden.
Neben den Folgen für das Klima – die Beschaffung von Brennholz treibt die Entwaldung stark voran – stellt diese Kochmethode eine enorme Gefahr für die Gesundheit dar: Nach Angaben der WHO starben in Nigeria 132.494 Menschen im Jahr 2019 an der durch offene Feuerstellung verurschachten Luftverschmutzung im Haushalt.
Für die nigerianische Umwelttechnologin Aisha Sulaiman zählen vor allem Frauen zu den Leidtragenden. Bei ihnen sei die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) immer häufiger festzustellen. Sulaiman sieht es als Aufgabe der Regierung, saubere Energie wettbewerbsfähig zu machen, um die Akzeptanz bei einkommensschwachen Menschen sicherzustellen.
Praktikable Alternativen gefragt
Auch der Energieberater Ibrahim Muhammad sieht die Regierung in der Pflicht und fordert finanzielle Unterstützungen bei der Umstellung auf umwelt- und gesundheitsfreundliche Alternativen. Allerdings müssten diese auch praktikabel sein, fordert er.
So seien Elektroherde wegen der instabilen Stromversorgung keine Lösung. Und auch die häufig propagierten Solarkocher gingen an der Lebensrealität der Menschen vorbei. “Solarkocher werden normalerweise verwendet, wenn die Sonne scheint”, sagt Muhammad, “aber viele Menschen essen kaum zu Mittag, sondern eher in der Früh und am Abend.”
Er schlägt daher vor, die Produktion und den Ankauf von Briketts zu fördern: “Briketts ähneln der Holzkohle, sie sind energieeffizient und können aus Agrarabfällen hergestellt werden. Es müssen dafür also keine Bäume gefällt werden.” (Ende)
Titelbild: Frauen im Bundesstaat Kwara kehren mit Brennholz aus dem Wald zurück. (Foto: Peace Oladipo/IPS)