23. Februar 2024
New York (AR/afr). Der senegalesische Computerwissenschaftler Seydina Moussa Ndiaye ist eines von 39 Mitgliedern im neuen AI Advisory Body von UN-Generalsekretärs António Guterres. Im Gespräch mit UN News erläutert Ndiaye die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz für Afrika.
U. a. befürchtet Ndiaye eine digitale Kolonialisierung Afrikas durch Künstliche Intelligenz (KI). Er warnt davor, dass multinationale Unternehmen ihre Technologien durchsetzen könnten, ohne lokale Lösungen zu berücksichtigen.
Wie könnte KI Afrika helfen?
Ndiaye: Es gibt mehrere afrikanische Länder, die nun beginnen, eine eigene Strategie für Künstliche Intelligenz zu entwickeln. Es braucht jedoch eine panafrikanische Strategie mit einer kontinentalen Vision der KI-Entwicklung. Diese Strategie wird bald veröffentlicht werden.
Immer mehr junge Menschen, die Startups gründen, interessieren sich für KI und haben einen echten Wissensdurst in diesem Bereich. Dieses wachsende Interesse kann mit internationaler Hilfe beschleunigt werden.
KI kann tatsächlich zur Lösung bestimmter Herausforderungen eingesetzt werden, etwa in der Landwirtschaft. Auch im Gesundheitsbereich könnte KI viele Probleme lösen, insbesondere den Mangel an Personal.
Das andere Element, das ebenfalls sehr wichtig ist, ist die Entwicklung der kulturellen Identität. Afrika wird häufig als Kontinent mit einer kulturellen Identität gesehen, die es nicht geschafft hat, sich weltweit durchzusetzen. Mit der Entwicklung der KI könnten wir diesen Kanal nutzen, dass afrikanische kulturelle Identitäten bekannter und mehr wertgeschätzt werden.
Gibt es schlechte Seiten der KI, die Afrika bedrohen?
Nidaye: Die größte Bedrohung ist die Kolonisierung. Es könnte sein, dass wir große multinationale Unternehmen im Bereich KI haben, die ihre Lösungen auf dem gesamten Kontinent durchsetzen und keinen Raum für die Entwicklung lokaler Lösungen lassen.
Die meisten der derzeit in Afrika generierten Daten gehören multinationalen Konzernen, deren Infrastruktur außerhalb des Kontinents entwickelt wird, wo auch die meisten afrikanischen KI-Experten tätig sind. Das bedeutet einen Verlust afrikanischer Talente.
Das andere Element, das wichtig ist zu berücksichtigen, ist der Kontext der vierten industriellen Revolution. Die Leistungsfähigkeit der KI könnte mit Fortschritten in der Biotechnologie oder Technologie kombiniert werden. Und Afrika könnte der Ort sein, an dem all diese neuen Lösungen tatsächlich getestet werden.
Wenn diese Entwicklungen nicht überwacht wird, könnte es zu Tests kommen, die an Menschen mit Chips oder sogar integrierten biotechnologischen Elementen durchgeführt werden. Das sind aber Technologien, die wir nicht wirklich gut beherrschen.
Konkret formuliert: Wenn Sie diese Dinge nicht kontrollieren, kann es passieren, dass sie niemand bemerkt. Afrika könnte als Versuchskaninchen benutzt werden, um neue Lösungen zu testen. Und das könnte eine große Bedrohung für den Kontinent darstellen.
Glauben Sie, dass der AI Advisory Body der Vereinten Nationen eine Plattform sein wird, die es Ihnen ermöglicht, diese Probleme auf den Tisch zu bringen?
Nidaye: Ja, absolut. Wir haben mit unserer Arbeit begonnen, und sie ist wirklich sehr offen. Das sind hochrangige Leute, die internationale Themen gut verstehen. Es gibt keine Tabuthemen.
Es ist wichtig, dass die Stimme Afrikas in der Gruppe vertreten ist. Die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit wird dadurch gestärkt und ist nicht auf die Großmächte beschränkt. Auf internationaler Ebene bezieht es alle ein und hilft damit auch den am wenigsten entwickelten Ländern.
Derzeit besteht hier eine echte Lücke. Wenn diese nicht geschlossen wird, besteht die Gefahr, dass die Ungleichheiten zunehmen. (Ende)
*Der englischsprachige Originalbeitrag stammt von UN News und ist im Januar 2024 in unserem Partnermagazin Africa Renewal der Vereinten Nationen erschienen.
Titelbild: Fotomontage, erzeugt mit Canva.com