Von Fawzia Moodley und Martin Sturmer | 30. Mai 2023
Johannesburg/Oberndorf bei Salzburg (IPS/afr). Die Söldner der Gruppe Wagner haben seit 2017 in fünf afrikanischen Ländern militärische Operationen durchgeführt. Das private russische Militärunternehmen verfolgt aber auch zunehmend politische und wirtschaftliche Interessen auf dem Kontinent.
Laut der US-Denkfabrik „Center for Strategic & International Studies“ waren russische Privatarmeen in den letzten zehn Jahren in 18 afrikanischen Staaten aktiv. Die bekannteste unter ihnen ist die Gruppe Wagner, die seit der Invasion in der Ukraine für internationale Schlagzeilen sorgt. Der Einfluss des privaten Militärunternehmens in Afrika geht mittlerweile weit über Sicherheitsfragen hinaus.
Die “Global Initiative Against Transnational Organized Crime” hat kürzlich die Studie “The Grey Zone: Russia’s Military, Mercenary and Criminal Engagement in Africa” veröffentlicht. Der Bericht macht deutlich, dass die Gruppe Wagner bereits seit dem Jahr 2017 in Afrika aktiv ist. Seitdem hat das Militärunternehmen Truppen in fünf Länder entsandt: Libyen, Mali, Mosambik, Sudan und die Zentralafrikanische Republik.
Längst beschränkt sich aber die Gruppe Wagner nicht mehr auf militärische Interventionen. Die Studie zeigt, dass es zunehmend auch um politischen und wirtschaftlichen Einfluss geht. Im Interview mit der Nachrichtenagentur IPS sagt Julia Stanyard, Co-Autorin der Studie, dass die Gruppe Wagner mittlerweile ein Netzwerk an politisch einflussreichen Unternehmen, wie z. B. Bergbaufirmen, unterhalte: “Sie zielt offenbar auf instabile Regierungen ab, die in Bürgerkriege verwickelt sind, bildet Bündnisse mit der herrschenden Elite und bietet ihnen militärische Unterstützung und Waffen an.“
Wagner in der Zentralafrikanischen Republik
So geschehen in der Zentralafrikanischen Republik, wo sich die Regierung gegen mehrere Rebellenarmeen zur Wehr setzt. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt im März 2016 wandte sich Präsident Faustin-Archange Touadéra an Russland.
Nach einem Treffen des russischen Außenministers Sergei Lawrow und Touadéra in Sotschi im Oktober 2017, wurden zunächst russische Militärausbilder entsandt und Waffen geliefert. Kurz darauf folgten die ersten Wagner-Truppen: Laut Schätzungen des britischen Guardian waren seit 2018 an die 1.000 Söldner der russischen Privatarmee in der Zentralafrikanischen Republik stationiert.
Spätestens seit der Präsidentschaftswahl im Dezember 2020 sichert die Gruppe Wagner Faustin-Archange Touadéra das politische Überleben. Gemeinsam mit Truppen der ruandischen Armee blockierten die Söldner zunächst den Vormarsch von Rebellen auf die Hauptstadt Bangui. Im Anschluss führten sie von Jänner bis März 2021 eine erfolgreiche Gegenoffensive durch.
Lukratives Geschäft mit Diamanten
Im Gegenzug erhielt die Gruppe Wagner von der zentralafrikanischen Regierung Wirtschafts- und Bergbaukonzessionen. Ein Beispiel ist das 2019 gegründete Unternehmen Diamville, das im Diamantenhandel aktiv ist.
Einer Recherche des Mediennetzwerks “European Investigative Collaborations” (EIC), der französischen Organisation “All Eyes on Wagner” und dem britischen “Dossier Center” zufolge, gehört Diamville der Gruppe Wagner.
Der Bericht belegt, dass der Handel mit Diamanten für die Gruppe Wegner ein lukratives Geschäft ist: Zwischen Oktober 2019 und Jänner 2022 wurden knapp 1.000 Karat exportiert – der Großteil davon ging nach Dubai. Der Wert der Diamanten liegt bei zwölf Millionen US-Dollar.
Gräueltaten an Zivilist*innen
Von Menschenrechtsorganisationen werden der Gruppe Wagner zahlreiche Gräueltaten gegen Zivilist*innen vorgebrochen. Laut dem deutschen Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” überfielen die Söldner Dörfer, raubten, brandschatzten und mordeten. Mehr als 750 Zivilist*innen sollen ihnen bereits zum Opfer gefallen sein.
Die Gruppe Wagner mit Sitz in St. Petersburg wurde 2014 gegründet. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin gilt als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Bis 2019 hat Prigoschin die Existenz der Privatarmee abgestritten. Erst 2022 räumte er ein, die Truppe gegründet zu haben.
Neben militärischen Einsätzen ist die Gruppe Wagner auch an russischen Desinformations- und Progagandakampagnen aktiv. Die NGO Civicus mit Sitz in Johannesburg warnt auch davor, dass die Söldnerarmee Maßnahmen gegen die Zivilgesellschaft setzt. In der Zentralafrikanischen Republik lässt Präsident Touadéra kritische Stimmen unterdrücken. “Humanitäre Helfer und unabhängige Journalisten zählen zu den Opfern von Gewalt und Einschüchterung durch Wagner-Truppen”, berichtet die NGO. (Ende)
Titelbild: Angehörige der Gruppe Wagner schützen den Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik Faustin-Archange Touadéra (Foto: Clément Di Roma/VOA, gemeinfrei, Link).