Von Martin Sturmer | 3. März 2022
Oberndorf bei Salzburg (afr). Vor 15 Jahren wurde die Great Green Wall Initiative gegründet. Geht es nach dem Willen der Initiator*innen, soll Afrikas Grüne Mauer nach ihrer geplanten Fertigstellung im Jahr 2030 als neues Weltwunder gelten. Die bislang erzielten Fortschritte sind aber zu gering, um den Plan einhalten zu können.
Afrikas Grüne Mauer – das ist ein 15 Kilometer breiter Grüngürtel, der sich auf einer Länge von über 8.000 Kilometern vom Senegal im Westen bis nach Dschibuti im Osten erstrecken soll. Das Ziel der Great Green Wall Initiative (GGWI) lautet, die verwüsteten Landschaften Afrikas zu rekultivieren und das Leben von Millionen von Menschen zu verbessern.
Nach Angaben der UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) – einem Schlüsselpartner der GGWI – wird die enorme Aufpflanzung 250 Millionen Tonnen Kohlendioxid aus der Atmosphäre binden und zehn Millionen grüne Arbeitsplätze schaffen. Im Endausbau soll die Great Green Wall mit einer Fläche von 100 Millionen Hektar an wiederhergestelltem Land dreimal so groß sein wie das Great-Barrier-Riff vor der Nordostküste Australiens.
Die GGWI wurde Ende Jänner 2007 von der Afrikanischen Union ins Leben gerufen (Decision 137/VIII). Laut aktuellem Factsheet der Initiative konnten in den letzten 15 Jahren 17,8 Millionen Hektar Land rekultiviert werden. Knapp 18 Prozent des Vorhabens seien also bereits umgesetzt, so die GGWI.
Irreführende Zahlen
Nick Pasiecznik (Stiftung Tropenbos International, Niederlande) und Chris Reij (World Resources Institute, Washington DC) zeigen sich in einem Beitrag für das Fachjournal Welternährung der Welthungerhilfe pessimistisch, dass das Projekt bis 2030 fertiggestellt werden kann. Die beiden Experten schreiben, dass in den beteiligten Staaten pro Jahr gemeinsam nur eine Million Hektar wieder begrünt wird. Bei diesem Tempo würde es also noch 82 Jahre dauern, bis Afrikas Grüne Mauer die geplante Dimension erreicht.
Doch auch der von der GGWI genannte Fortschritt ist irreführend. Die 17,8 Millionen Hektar beziehen sich nämlich nicht auf das eigentliche Kerngebiet sondern auf die gesamte GWWI-Region, die mittlerweile 21 Staaten umfasst. Als Kernzone wurden Trockengebiete in den elf Gründungsländern mit einer jährlichen Niederschlagsmenge von maximal 400 Millimeter definiert. Ab dem Jahr 2010 wurde aber der Ansatz erweitert:
„weg vom Pflanzen eines Baumgürtels quer durch die Wüste – und hin zu einer geförderten Begrünung und der nachhaltigen Bodenbewirtschaftung in einem größeren Gebiet, das auch gemäßigt feuchte Regionen weiter südlich einschließt.“
Nick Pasiecznik, Chris Reji in Welternährung
Die Zahlen beinhalten also auch Begrünungsmaßnahmen in jenen zehn Ländern, die nicht zur Kernzone zählen. Zieht man aber nur das ursprüngliche Vorhaben in Betracht, dann wurden laut Statusbericht der UNCCD bis 2019 lediglich 3,6 Millionen Hektar Land rekultiviert. Damit beträgt der eigentliche Fertigsstellunggrad bemessen am Zielwert von 100 Millionen Hektar nicht einmal vier Prozent.
Tabelle: Rekultivierte Fläche in den elf GGWI-Gründungsstaaten
Staat | Interventionsfläche in Hektar | Rekultivierte Fläche in Hektar |
---|---|---|
Äthiopien | 13.200.000 | 2.006.000 |
Burkina Faso | 13.300.000 | 53.000 |
Djibouti | 340.000 | 130 |
Eritrea | 12.400.000 | 501.000 |
Mali | 44.400.000 | 6.000 |
Mauretanien | 1.650.000 | 3.400 |
Niger | 47.300.000 | 809.000 |
Nigeria | 17.400.000 | 3.000 |
Senegal | 800.000 | 119.000 |
Sudan | 2.300.000 | 88.000 |
Tschad | 3.000.000 | 16.000 |
Gesamt | 156.090.000 | 3.604.530 |
Mehr Geld für die Umsetzung
Wenn die Fertigstellung von Afrikas Grüner Mauer bis 2030 erfolgen soll, dann muss die Rekultivierung der Böden deutlich schneller erfolgen als derzeit. Um den Zeitplan zu halten, braucht es laut UNCCD jährlich 3,6 Milliarden US-Dollar bis 4,6 Milliarden US-Dollar.
Am 11. Jänner 2021 wurden beim One Planet Summit in Paris 14,3 Milliarden US-Dollar zugesagt. Diese Summe hat sich UNCCD-Angaben mittlerweile auf über 19 Milliarden US-Dollar erhöht.
Die UNCCD versucht indes auch, weltweit die Öffentlichkeit für Afrikas Grüne Mauer stärker zu sensibilisieren und weitere Unterstützung von öffentlichen und privaten Geldgeber*innen zu erhalten. Im Zentrum der Kampagne „Growing a World Wonder“ steht der Film „The Great Green Wall“, der die malische Sängerin Inna Modja auf ihrer Reise durch den Sahel begleitet. (Ende)
Titelbild: Afrikas Grüne Mauer schreitet voran – allerdings zu langsam, um die geplante Fertigstellung bis 2030 zu erreichen. (Foto: Great Green Wall Initiative)