Von Soumaila T. Diarra | 18. September 2012
Bamako (IPS/afr). In Mali sind Kleinbauern vor Gericht gezogen, um die Rückgabe ihrer Ländereien zu fordern, die der Staat internationalen Agrarkonzernen zugesprochen hat. Das Verfahren fällt in eine Zeit der politischen Instabilität, in der das Interesse der Großunternehmen an Geschäften in dem westafrikanischen Staat zurückgeht.
„Wir haben gegen unsere Enteignung geklagt“, bestätigte Lamine Coulibaly von der Nationalen Koordinationsgruppe der Bauernorganisationen (CNOP), die sich vehement gegen die Vorzugsbehandlung ausländischer Agrarunternehmen durch den malischen Staat zur Wehr setzt. Die nächste Anhörung findet am 27. September vor einem Gericht im zentralmalischen Markala statt.
Die in dem umstrittenen Gebiet lebenden Bauern hoffen nun, dass die Richter der Beschlagnahmung von Grundstücken, die von den Familien bereits seit Generationen bewirtschaftet werden, einen Riegel vorschieben werden. „Wir sind davon überzeugt, dass wir im Recht sind und den Prozess gewinnen können“, meint Coulibaly.
Das staatliche „Office du Niger“, Betreiber des größten Agrarerschließungsprojektes im westlichen Sahel, will eine Million Hektar Land mit Hilfe ausländischer Investoren „entwickeln“. Mali verdankt sein landwirtschaftliches Potenzial einem von der damaligen Kolonialmacht Frankreich 1932 gebauten Stausee.
Abkommen zwischen Regierung und Investoren
Bauernverbände sind auf die Unternehmen schlecht zu sprechen, schließlich fanden die Enteignungen im Zusammenhang mit größeren Agrarprojekten statt. So konnte sich die libysche Entwicklungsgesellschaft Malibya ein 100.000 Hektar großes Gebiet sichern.
Die Bauern klagen außerdem gegen die Landvergabe an die Zuckergesellschaft von Markala (SOSUMAR). „33 Dörfer in Sana in der Region Ségou im Zentrum des Landes sind SOSUMAR zum Opfer gefallen“, berichtet Massa Koné, einer der von den Enteignungen betroffenen Bauern.
Doch die brenzlige politische Lage bringt die Investitionsprojekte zum Erliegen. Das Projekt Malibya ist seit dem Sturz des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi im vergangenen Jahr blockiert. Die Libyer hatten vor Ort bereits eine 40 Kilometer lange Straße und einen ebenso langen Kanal gebaut.
Die Bauernverbände begrüßen indes den Abzug des Mehrheitsaktionärs von SOSUMAR, „Illovo Sugar“. Aus einem im Juli auf der Internetseite der Vereinigung der nationalen Bauernverbände veröffentlichten Artikel geht hervor, dass sich das südafrikanische Unternehmen aufgrund der soziopolitischen Krise in Mali aus der Zuckerproduktion des westafrikanischen Landes zurückgezogen habe.
Den Bauern zufolge sind bisher Farmen von einer Gesamtgrößte von 800.000 Hektar Land enteignet worden. CNOP zufolge hat SOSUMAR auf den 25.000 Hektar Land, die dem Unternehmen übereignet wurden, lediglich zwei Zuckerrohrpflanzungen von jeweils 140 Hektar Größe betrieben. Die lokalen Bauern konnten ihre Felder nicht bestellen, weil ihnen das Projekt den Zugang versperrte, wie Koné berichtet.
Familienhöfe fürchten um ihre Existenz
Die Farmer sorgen sich zudem um die Zukunft der Familienlandwirtschaft, von der die Nahrungsversorgung der Bevölkerung abhängt. Boubacar Sow, stellvertretender Direktor des Office du Niger, sieht die traditionellen Familienbetriebe jedoch nicht gefährdet. Wie er erklärt, wird das Land erst mit Hilfe der ausländischen Investoren erschlossen und dann an die Familienlandwirtschaft übergeben.
Der Widerstand der Bauern gegen die ausländischen Agrarunternehmen bringt die Regierung in Bedrängnis, will sie die landwirtschaftlichen Flächen ausweiten. Wie die Leitung des Office du Niger mitteilte, handelt es sich bei den Agrarflächen, die den Investoren zugewiesen wurden, um brachliegendes Land. (Ende)
Titelbild: Marktag in Ségou in Mali (Foto: Attila Jandi/Shutterstock.com)