Von Monde Kingsley Nfor | 13. August 2013
Yaoundé (IPS/afr). In der Küstenstadt Kribi im Süden Kameruns entsteht derzeit ein riesiger Tiefseehafen. 85 Prozent der Baukosten für das 567 Millionen US-Dollar schwere Großprojekt, von dem die gesamte Region Zentralafrika profitieren wird, übernimmt China, den Rest der westafrikanische Staat. Einziger Wermutstropfen: Die Chancen auf Arbeitsplätze für lokale Fachkräfte sind gering.
„Die chinesischen Investitionen in Infrastruktur und Technologien werden keine Arbeitsplätze für die Lokalbevölkerung mit sich bringen. Es fehlt an Fortbildungsprogrammen für unsere Ingenieure und Wissenschaftler“, meint dazu der Wirtschaftsanalyst Mengnjo Anselm Sahngeh. „Dabei wäre es so wichtig, Kamerunern die Möglichkeit zu geben, sich beruflich weiterzubilden.“
Die Weltbank hatte in ihrem Wirtschafts-Update für Kamerun aus dem Jahr 2009 die Arbeitslosigkeit in Kamerun mit 30 Prozent angegeben. Vor allem junge Leute, die ihren Abschluss an den höheren Bildungseinrichtungen des Landes gemacht haben, stehen auf der Straße. Ein weiterer Bericht der internationalen Finanzorganiation von 2013 („Reducing Poverty, Vulnerability, and Risks – Special Issue on Social Safety Nets“) bescheinigt Kamerun ein Wirtschaftswachstum von fünf Prozent. Dennoch ist die Armutsrate von 40 Prozent nicht zurückgegangen, sondern in einigen Gebieten sogar noch gestiegen.
„Eine mangelhafte Infrastruktur, ein unternehmerfeindliches Umfeld und schwache Institutionen sind auch weiterhin Hindernisse für wirtschaftliche Aktivitäten. Es ist schwierig, die Wachstumsraten zu erzielen, die nötig wären, um die Armut nachhaltig zu bekämpfen“, heißt es in der Untersuchung.
Der Tiefseehafen beschäftigt derzeit 1.125 Menschen, davon 609 kamerunische Hilfskräfte. Wie Daline-Louise Nsomotto von der Koordinierungseinheit des Kribi-Seehafenprojekts im Ministerium für Wirtschaft, Planung und regionale Entwicklung, erläutert, wird der Tiefseehafen vor allem als Umschlagplatz für schwere Güter dienen.
Hafen für Riesenschiffe
„Das Großprojekt wird die Defizite des benachbarten Seehafens Douala kompensieren, der nur sechs bis sieben Meter tief ist und ausschließlich Schiffe mit einem Fassungsvolumen von bis zu 15.000 Tonnen abfertigen kann“, sagte Nsomotto. Nach seiner Fertigstellung kann der 16 bis 25 Meter tiefe Hafen Kribi bis zu 100.000 Tonnen schwere Frachtschiffe aufnehmen.
Ferner entstehen in der kamerunischen Küstenstadt eine multifunktionale Anlegestelle mit 20 verschiedenen Terminals, ein Flughafen, ein Industriegebiet, ein Industriekomplex und ein Wohngebiet. „Es wird eine neue Stadt entstehen“, schwärmt Nsomotto.
Frank Guet ist ein örtlicher Geschäftsmann. Er berichtet, dass sich die im Dezember 2010 begonnenen Hafenausbauarbeiten positiv auf die Geschäfte in der Stadt ausgewirkt haben. „Es wurden neue Unternehmen gegründet und Arbeitsplätze geschaffen“, betont er. Allerdings seien die Land- und Immobilienpreise erheblich gestiegen.
Nsomotto zufolge genießt die Arbeitsplatzbeschaffung für kamerunische Fachkräfte zwar höchste Priorität. Doch könnten die Fachschulen nicht das Wissen vermitteln, das für die kamerunischen Entwicklungsprojekte nötig wäre. „Die Regierung hat ein großes Interesse daran, dass kamerunische Ingenieure von dem Tiefseehafen profitieren. Deshalb ermutigen wir die wenigen jungen Ingenieure im Lande, sich von den beteiligten ausländischen Experten anwerben zu lassen.“
Nach Angaben der UN-Organisation für industrielle Entwicklung rangiert Kamerun, was die Entwicklung von technischem Know-how angeht, auf einer Liste von 74 Entwicklungsländern auf dem 63. Platz. Sahngeh kritisiert in diesem Zusammenhang, dass viele Entwicklungsländer notwendige Entwicklungsschritte einfach überspringen und eine Industrialisierung im großen Stil betreiben, ohne für die wesentlichen Institutionen und Fachkräfte gesorgt zu haben.
Durch Braindrain ausgezehrt
Nach Meinung von David Esseck Sany, Direktor für berufliche Weiterbildung im Arbeitsministerium, leidet Kamerun wie die meisten afrikanischen Staaten unter der Emigration der klugen Köpfe. „Um die personellen Lücken zu schließen, drängen wir Firmen dazu, ihre Mitarbeiter selbst fortzubilden. Denn Kamerun hat nicht die Fachkräfte zu bieten, die für Großprojekte benötigt werden.“
Die Regierung habe viele höhere Bildungsinstitutionen angewiesen, Studenten zu Energie-, Wasser- und Agraringenieuren auszubilden. Auf diese Weise soll die Umsetzung des 30/70-Gesetzes gewährleistet werden, das vorsieht, die Arbeitsplätze in allen Industriezweigen möglichst zu 70 Prozent mit Kamerunern und zu 30 Prozent mit Ausländern zu besetzen.
Doch könnte die Vermittlung von Wissen gerade in den chinesischen Großprojekten auf Hindernisse stoßen. „Es ist nicht einfach, mit Chinesen zusammenzuarbeiten, wenn man ihre Sprache nicht versteht“, erläutert Sany. „Doch inzwischen lernen viele Kameruner Chinesisch, um sich für eine Mitarbeit an chinesischen Projekten zu qualifizieren.“
Auch wenn der Ausbau des Tiefseehafens weitgehend ohne kamerunische Fachkräfte stattfindet, betrachtet Sahngeh das Großprojekt als Segen für Kamerun und die gesamte Region. Keine Subregion könne ohne verlässliche Infrastrukturen prosperieren. Wie er berichtet, ist die erste von drei Projektphasen zu 60 Prozent abgeschlossen. Nach der Fertigstellung werde Kribi zur Drehscheibe der regionalen Wirtschafts- und Handelsaktivitäten werden.
„Der Seehafen, für Länder wie dem Tschad und der Zentralafrikanischen Republik das Tor zum Meer, wird Kamerun zu einem großen Industrialisierungsschub verhelfen und dessen Erzeugnisse wettbewerbsfähiger machen“, ist Sahngeh überzeugt. Allerdings müsse den Kamerunern parallel dazu das technische Know-how vermittelt werden, um sie für Jointventures mit ausländischen Firmen fit zu machen. (Ende)
Titelbild: Kribi Deep Seaport Project (Foto: Screenshot, YouTube)