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Wakaliwood soll Afrikas Hollywood werden

Von Amy Fallon | 6. September 2013

Kampala (IPS/afr). Vier Jahre lang brannte Isaac Godfrey Nabwana Ziegel im Slum Wakaliga in der ugandischen Hauptstadt Kampala. Von den Einnahmen kaufte er sich eine Videokamera. Mittlerweile ist Nabwana Filmregisseur, Produzent und Drehbuchautor. Er hofft, dass seine Aufbauarbeit bald Ugandas Antwort auf Nigerias Filmindustrie Nollywood sein wird.

In dem Elendsviertel besitzt der 40-Jährige Nabwana ein eigenes Ton- und Filmstudio. Etwa 35 Filme hat er in den vergangenen fünf Jahren fertiggestellt. Jedes Jahr kommen drei bis fünf neue Produktionen hinzu, die alle in der lokalen Sprache Luganda gedreht und englisch untertitelt werden.

„Ich habe einen Computer, den ich selbst aus Einzelteilen zusammengesetzt habe“, berichtet er. „Meine Beleuchtung ist zwar nicht wirklich professionell, aber sie funktioniert.“ Nabwana zeigt sich zufrieden mit der Entwicklung der Filmindustrie in Uganda: „Sie ist jung, wächst aber rasch.“

Allein in Wakaliga gibt es vier Filmproduktionsfirmen, darunter Nabwanas „Ramon Films“. Andere Unternehmen der Branche sind kreuz und quer über die Hauptstadt Kampala verteilt. „Ich glaube, hier entsteht das Hollywood Afrikas. Wir drehen Action-Filme, die sonst nirgendwo auf dem Kontinent produziert werden“, erzählt er stolz.

Dennoch muss sich das ostafrikanische Land noch anstrengen, bis seine Filme jeden Winkel Afrikas erreichen werden. In Uganda kommen derzeit etwa 30 Filme pro Jahr heraus, während es in Nigeria 70 in jeder Woche sind. Dafür hat Nigeria aber auch 162 Millionen Einwohner, während Uganda mit 34,5 Millionen Menschen wesentlich kleiner ist.

Erstes ugandisches Filmfestival in Kampala

Vom 26. bis 31. August fand in Kampala das erste Filmfestival des Landes statt, das von der Ugandischen Kommission für Kommunikation (UCC) organisiert wurde. Bei den Open-Air-Vorführungen wurden in Kampala 189 Filme gezeigt. Außerdem fanden Workshops mit Mentoren aus Südafrika, Schweden und Nigeria statt, und in Foren diskutierten Experten über die wirtschaftlichen Aspekte des Filmemachens.

Ein unverwechselbarer Name für die ugandische Filmindustrie müsse allerdings noch gefunden werden, sagt der Journalist Moses Serugo. Im Gespräch seien „Pearlswood“, da Uganda oft die „Perle Afrikas“ genannt wird, „Ugawood“ oder eben „Wakaliwood“.

In der Branche gibt es zwei größere Fraktionen, wie Serugo erklärt. Zum einen sind da die anspruchsvollen Filmschaffenden, die in dem 2004 gegründeten unabhängigen „Maisha Film Lab“ ausgebildet wurden. Die Non-Profit-Initiative wird von der indischen Regisseurin Mira Nair („Salaam Bombay!“) geleitet, die bereits für einen Oscar nominiert wurde. Die anderen Regisseure in Uganda seien eher kommerziell ausgerichtet und wollten so viele Filme wie möglich auf DVD herausbringen, berichtet Serugo.

In einem Multiplex-Kino in einer Shopping-Mall in Kampala laufen derzeit „Officer Down“ mit Stephan Dorff in der Hauptrolle sowie der Politthriller „The Reluctant Fundamentalist“ von Mira Nair und „World War Z“ mit Brad Pitt. An ugandische Produktionen trauten sich diese Kinos bisher noch nicht so recht heran. Ab Anfang 2014 sollen aber auch Filme in Luganda ins Programm genommen werden.

Bei seinen Low-Budget-Produktionen hat Nabwana jeweils nur umgerechnet 3.870 US-Dollar zur Verfügung, die er von den Gewinnen aus seinem Ziegelgeschäft abzweigt. Auf DVD werden die Filme dann von Tür zu Tür für gut einen Dollar verkauft. Das Produktionsteam und die Schauspieler müssen die Anreise selbst bezahlen, ihre eigene Garderobe mitbringen und sich selbst schminken. Eine Gage erhalten sie nicht, sie sind nur an den Einnahmen aus den Filmverkäufen beteiligt.

Der Produzent holt bisher nur etwa ein Viertel seiner Investitionen wieder herein. Seine Kreativität wird dadurch aber nicht gebremst. Der jüngste Film „Revenge“ handelt von einem ugandischen Geschäftsmann, der einem Freund hilft und dafür totgeprügelt wird. Dann erscheint ein Geist, um die Gewalttat zu rächen. „Der Film basiert auf einer wahren Geschichte“, betont Nabwana.

Vom Schweißer zum Leinwandhelden

Vor wenigen Wochen ist „Revenge“ in Vorortkinos in Kampala angelaufen. Earnest Sseruaayna spielt einen der Bösewichte. Der Schauspieler ist gelernter Schweißer, der sich auch als Kohlenverkäufer und Autowäscher durchschlagen musste, bevor er mit Anfang 30 zu seinem Traumberuf kam. Ein Jahr haben die Dreharbeiten zu „Revenge“ gedauert. Mit jedem Film verdient Sseruaayna etwa 230 Dollar. Da er in den vergangenen fünf Jahren in 15 „Ramon“-Produktionen mitwirkte, hat er für seine Verhältnisse schon ein kleines Vermögen verdient.

Serugo meint, dass Uganda endlich eine eigene Filmkommission einsetzen sollte. Denn die Branche sei so zukunftsträchtig, dass Tausende Absolventen von Filminstituten Arbeit finden könnten. Das Nachbarland Ruanda sei da schon weiter, mit einer staatlichen Filmfinanzierung und dem Festival „Hillywood“, das an Ruandas Namen „Land der tausend Hügel“ anlehnt. (Ende)

Titelbild: Schauspieler Earnest Sseruaayna (26) und Produzent Godfrey Nabwana (40) in Wakaliga in Kampala (Bild: Amy Fallon/IPS)