Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Trotz Ernährungskrise verfault das Gemüse

Von Ignatius Banda | 8. Februar 2020

Bulawayo (IPS/afr). Simbabwe ist mit einer schweren Ernährungskrise konfrontiert. Acht Millionen Menschen – also in etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung – sind von Ernährungsunsicherheit betroffen. Gleichzeitig verfault auf den Lebensmittelmärkten das Gemüse.

Auf dem großen Markt in der Innenstadt von Bulawayo ist verfaultes Gemüse im Normalfall ein Anzeichen von Überfluss. Davon kann nun keine Rede sein: Tomaten, Kohl und Gurken welken vor sich hin, weil viele Menschen sich kein Gemüse mehr leisten können.

„Wir können das Gemüse nicht einfach verschenken, nur weil wir befürchten, dass es verrotten wird“, sagt die Marktfrau Mihla Hadebe. „Und selbst wenn wir die Preise senken – die Leute haben einfach kein Geld. Deshalb verfault das Gemüse einfach.“

Die Preise für Obst und Gemüse haben in den letzten Monaten stark angezogen: Im Dezember kostete ein Bund Grünkohl noch zwei Simbabwe-Dollar (0,5 Cent), nun beträgt der Preis fünf Simbabwe-Dollar (1,25 Cent). Die Bauern rechtfertigen den Anstieg damit, dass die ausbleibenden Regenfälle zu einer schlechten Ernte geführt hätten.

Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sei es aber schwierig, die durch Verfaulung entstandenden Verluste an Lebensmitteln zu quantifizieren. Allerdings wird angenommen, dass der Schwund erheblich ist.

Jedes dritte Kleinkind leidet an Unterernährung

Die Ernährungskrise trifft den Binnenstaat im Süden von Afrika hart. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) hält fest, dass vor allem Kinder betroffen sind. „In Simbabwe leidet fast jedes dritte Kinder unter fünf Jahren an Unterernährung“, erklärt James Maiden, Sprecher von UNICEF Simbabwe. „93 Prozent der Kinder zwischen sechs Monaten und zwei Jahren bekommen nicht das Mindestmaß an Lebensmittel. Im ganzen Land leiden etwa 34.000 Kinder an akuter Unterernährung.“

Selbst Gegenstrategien funktionieren nicht mehr. In den letzten Jahren sind viele Familien in Simbabwe dazu übergegangen, ihre Lebensmittel in Gemeinschaftsgärten mit eigeneer Wasserversorgung zu produzieren. Selbst diese Projekte leiden aber mittlerweile unter den extremen Wetterbedingungen. „Was nun passiert, ist schrecklich“, sagt Judith Siziba, die in einem Gemeinschaftsgarten in Bulawayo Gemüse für ihre Familie anbaut. „Wir haben zwar ein Bohrloch, aber unser Gemüse leidet unter der Hitze.“

Wie ihre Mitstreiterinnen ist Siziba davon ausgegangen, dass das Wasser aus der Bohrung auch dann ausreicht, wenn es nicht regnet. Die Erwartungen wurden nicht erfüllt. Die Rekordtemperaturen haben den Grundwasserspiegel dramatisch absinken lassen.

200 Millionen US-Dollar an Nahrungsmittelhilfe benötigt

Schwache Einkommen, die Zunahme von Ernteausfällen und die daraus resultierende Verteuerung von Lebensmitteln hat dazu geführt, dass immer mehr Menschen in Simbabwe auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Laut dem Welternährungsprogramm (WFP) ist bereits die Hälfte der Menschen in Simbabwe mit Ernährungsunsicherheit konfrontiert. Die enorme Zahl von derzeit acht Millionen Menschen könnte weiter steigen, so das WFP.

Das WFP arbeitet daran, die Anzahl der Mitarbeiter zu verdoppeln. „Wir wollen vor allem jene 4,1 Millionen Menschen unterstützen, die an Hunger leiden“, sagt Isheeta Sumra, Sprecherin des WFP in Simbabwe. „Nach dem derzeitigen Stand der Dinge brauchen wir dringend 200 Millionen US-Dollar, um bis Mitte 2020 durchzukommen.“

Nathan Hayes, Analyst bei der „Economist Intelligence Unit“ (EIU), ist davon überzeugt, dass das Land zu langsam auf die Nahrungsmittel- und Ernährungskrise reagiert hat: „Schwache Regenfälle haben die Nahrungsmittelkrise verschärft. Die anhaltende Wirtschaftskrise hat zur Folge, dass die sozialen Sicherheitsnetze gekürzt wurden und viele Familien schutzbedürftig sind. Sie können sich nicht mehr jeden Tag die erforderlichen Lebensmittel leisten.“ (Ende)

Titelbild: Obwohl Simbabwe unter einer Ernährungskrise leidet, bleiben die Marktfrauen häufig auf ihrem Gemüse sitzen. (Foto: Michelle Chifamba/IPS)