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Kamerun: Buhlen um Auswanderer

Von Ngala Killian Chimtom | 28. September 2017

Yaoundé (IDN/afr). „Sie sind zuhause herzlich willkommen“, sagte Kameruns Premierminister Philemon Yang anläßlich der Eröffnung der Tagung ‚Cameroon and its Diaspora: Working Together for the Nation’s Development‘ Ende Juni. Die Veranstaltung soll Kameruner im Ausland dazu motivieren, in ihrem Heimatland zu investieren.

Mit ihrer Vision 2035 verfolgt die kamerunische Regierung einen ergeizigen Plan: Bis zum Jahr 2035 soll der zentralafrikanische Staat zur Gruppe der Schwellenländer zählen. Damit dieses Ziel erreicht wird, will die Regierung das Wirtschaftswachstum beschleunigen.

Allerdings ist der Konjunkturmotor in den letzten Jahren ins Stottern geraten. Laut Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) verzeichnete Kamerun in den Jahren zwischen 2013 und 2015 ein Wirtschaftswachstum zwischen 5,5 und 5,9 Prozent. Der Kampf gegen die Terror-Gruppierung Boko Haram und die fallenden Ölpreise haben aber das Wachstum gebremst – für heuer rechnet der IWF nur noch mit einer Wachstumsrate von 3,7 Prozent.

Die Regierung wendet sich daher an die Diaspora, um der Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Premierminister Yang forderte im Ausland lebende Kameruner auf, mit ihren „Innovationen, Ideen und Ressourcen zum Aufbau eines besseren Kamerun“ beizutragen.

Vorschläge aus der Diaspora

Im Rahmen der Diaspora-Tagung, die von 26. bis 30. Juni 2017 in der Hauptstadt Yaoundé stattfand, wurden 300 Vorschläge aus unterschiedlichen Sektoren wie Finanzwesen, Landwirtschaft, Nahrungsmittelproduktion, Wasser, Energie und Bergbau diskutiert.

„Ich habe an der Tagung teilgenommen, um mein Projekt einer Diaspora-Bank vorzustellen“, erzählt Sama Mbang, Geschäftsführer der Plattform Coalition Digitale. Pro Jahr überweisen Afrikaner im Ausland etwa 70 Milliarden US-Dollar in ihre afrikanischen Heimatländer. Mbang ist davon überzeugt, dass das Kapital mehr Wirkung entfalten würde, wenn es durch eine Bank transferiert werden würde. Auf diesem Weg könnte ein Investmentfonds für Entwicklung gebildet werde.

Für Mbang hätte ein solcher Investmentfonds den entscheidenden Vorteil, dass damit die lokale Wirtschaft gestützt werden könnte. Außerdem glaubt er, dass viele Menschen dauerhaft in ihre Heimatländer zurückkehren würden, wenn sie bei der Finanzierung ihrer wirtschaftlichen Vorhaben nicht auf Zusagen internationaler Banken angewiesen wären.

Der Elektrotechniker Ernest Simo, der derzeit für die Raumfahrtbehörde NASA arbeitet, stellte Ideen für digitale Technologien vor, welche die Wirtschaftsdynamik in Kamerun verändern könnten. „Unsere Importprodukte wie Autos, Elektrogeräte und Smartphones sind alle von Menschen hergestellt“, sagt er, „aber unsere Exportprodukte wie Kakao, Kaffee, Baumwolle oder Holz sind gottgegeben. Wir sollten digitale Technologien nutzen, um uns von Konsumenten zu Produzenten zu verwandeln.“

Viele Hürden für Unternehmer

Gegenwärtig herrscht in Kamerun aber ein eher ungünstiges Investitionsklima. Viele Kameruner aus der Diaspora sind mit ihren Plänen gescheitert. Der IT-Spezialist Killian Mayu, der nun in Nigeria arbeitet, berichtet von wenig ermutigenden Erfahrungen bei der Unternehmensgründung in Kamerun.

„Es dauerte mehr als drei Monate und kostete etwa 2.000 US-Dollar, um ein IT-Dienstleistungsunternehmen zu gründen“, erzählt Mayu. „Wir hatten einen großen Kunden, der eine maßgeschneiderte Software benötigte. Acht Monate haben wir daran gearbeitet. Am Ende sagte uns der Kunde, dass wir die Auftragssumme nicht verdient hätten, weil wir zu jung seien.“

Mayu versuchte vor Gericht, das Geld einzuklagen. Bis heute sei es aber zu keinem Urteilsspruch gekommen. „Die einzige Möglichkeit für mich war, meine Taschen zu packen und etwas Neues zu starten“, so Mayu.

Das Ease-of-Doing-Business-Ranking der Weltbank bestätigt Mayus Erfahrungen. Kamerun belegt dort derzeit nur Rang 166 von insgesamt 190 Staaten. Bemängelt werden in dem Index vor allem die bürokratischen Hindernisse bei der Unternehmensgründung und die hohen Steuersätze.

Rückkehrer im Rampenlicht

Für Miranda Oben, Initiatorin des Projekts The Returnees, ist Auswandern keine Option. Ihr Projekt will Afrikaner in aller Welt ermutigen, in ihre Heimatländer zurückzukehren, sich dort niederzulassen oder zumindest dort zu investieren.

„Unser Schwerpunkt ist, die Rückkehrer ins Rampenlicht zu rücken“, erklärt Oben. Vielen Afrikanern in der Diaspora würde es die Augen öffnen, wenn sie sehen, dass andere ihre Koffer packen und nach Hause zurückkehren. „Wenn wir diese Kameruner ins richtige Licht stellen, denken sich die anderen: Wow! Du bist nach Hause gegangen! Gibt es Herausforderungen? Natürlich gibt es diese. Ja, es gibt Stromausfälle! Ja, die Straßen sind schlecht! Ja, das Wetter ist heiß! Ja, es gibt Moskitos! Aber weißt du was? Zu Hause ist zu Hause. Ich liebe es, hier zu sein und jede Wolke ist ein Silberstreifen am Horizont.“

Einigkeit bestand bei allen Tagungsteilnehmern darüber, dass eine breite Palette von Maßnahmen ergriffen werden muss, um die Diaspora für ein Engagement in Kamerun zu interessieren. So plädierten die Teilnehmer etwa für die Schaffung eines eigenen Staatssekretariats für Diaspora-Angelegenheiten und eine verbesserte Vernetzung von Kamerunern in Ausland.

„Das sind alles gute Empfehlungen“, meint Miranda Oben, „aber sie brauchen einen raschen politischen Entschluss, diese auch umzusetzen.“ (IDN/afr)

IDN ist die Flaggschiff-Agentur des International Press Syndicate

Titelbild: Das Projekt „The Returnees“ rückt Erfolgsgeschichten von Rückkehrern ins Rampenlicht. (Foto: Ngala Killian Chimtom/IDN)